Achtsamkeitsbasierte Interventionen bei substanzgebundener Abhängigkeit

Was war das Ziel dieses Reviews?

Ziel dieses Cochrane Reviews war es zu ermitteln, ob achtsamkeitsbasierte Interventionen, d. h. Interventionen, die ein Training in Achtsamkeitsmeditation beinhalten, die Symptome einer substanzgebundenen Sucht (Abhängigkeit von bestimmten Stoffen [Substanzen] , wie Alkohol- und/oder Drogen), verbessern. Tabaksucht wurde nicht untersucht. Zur Beantwortung dieser Frage suchten Cochrane-Wissenschaftler nach allen relevanten Studien und werteten sie aus. Wir fanden 40 randomisierte, kontrollierte Studien, die achtsamkeitsbasierte Interventionen als Behandlung bei einer Abhängigkeit von Suchtmitteln untersuchten.

Kernbotschaften

Die auf die Abhängigkeit bezogenen Ergebnisse wurden zu verschiedenen Zeitpunkten ermittelt: direkt nach Abschluss der achtsamkeitsbasierten Intervention und zu Nachbeobachtungszeitpunkten, die zwischen drei und zehn Monaten nach Ende der achtsamkeitsbasierten Intervention lagen. Im Vergleich zu anderen Maßnahmen (Standardbehandlung, kognitive Verhaltenstherapie, Psychoedukation, Selbsthilfegruppen, körperliche Betätigung, Medikamente) können achtsamkeitsbasierte Interventionen die Zahl der Tage mit Alkohol- oder Drogenkonsum möglicherweise geringfügig verringern, jedoch ist sehr unsicher, ob sie andere auf die Abhängigkeit bezogene Endpunkte (Zielkriterien) verbessern. Die Wirkungen von achtsamkeitsbasierten Interventionen im Vergleich zu keiner Behandlung waren für alle auf die Abhängigkeit bezogenen Endpunkte sehr ungewiss, ebenso wie das Risiko für unerwünschte Ereignisse.

Was wurde in diesem Review untersucht?

Die Abhängigkeit von Suchtmitteln ist weit verbreitet und geht mit negativen physischen und psychischen Folgen für die Gesundheit einher. Obwohl es evidenzbasierte Interventionen zur Behandlung einer Suchtmittelabhängigkeit gibt, reichen die Standardbehandlungen möglicherweise nicht aus, und viele Menschen fallen wieder in die Abhängigkeit zurück. In den letzten Jahrzehnten sind achtsamkeitsbasierte Interventionen für die Behandlung einer Suchtmittelabhängigkeit untersucht worden. Achtsamkeitsbasierte Interventionen beinhalten ein Training in der Praxis der Achtsamkeitsmeditation, bei der eine gezielte Achtsamkeit durch Präsenz im gegenwärtigen Augenblick und die Entwicklung einer nicht-wertenden Haltung, im Vordergrund steht. Achtsamkeitsbasierte Interventionen können viele der psychologischen Symptome verbessern, die mit einer Suchtmittelabhängigkeit und Rückfällen zusammenhängen (z. B. Depression, Angst, Stress, eingeschränkte Aufmerksamkeit). Wir begutachteten, ob achtsamkeitsbasierte Interventionen für Menschen mit einer Suchtmittelabhängigkeit von Nutzen sind.

Wir suchten nach Studien, in denen achtsamkeitsbasierte Interventionen mit keiner Behandlung oder mit einer anderen Behandlung (z. B. kognitive Verhaltenstherapie, Psychoedukation) verglichen wurden. Wir begutachteten die Ergebnisse am Ende der Intervention und bei Nachuntersuchungen, die drei bis zehn Monate nach Ende der Intervention stattfanden.

Was sind die wesentlichen Ergebnisse dieses Reviews?

Die Autoren des Reviews fanden 40 relevante Studien, von denen sich 45% auf Personen mit verschiedenen Abhängigkeiten konzentrierten, während die übrigen Studien Teilnehmende einschlossen, die eine bestimmte Substanz (z. B. Alkohol, Opioide) konsumierten. Von diesen 40 Studien wurden 23 in den USA, 11 im Iran, zwei in Thailand, eine in Brasilien, eine in China, eine in Taiwan und eine sowohl in Spanien als auch in den USA durchgeführt. Wir konnten die Ergebnisse von 35 Studien mit 2825 Teilnehmenden auswerten; die übrigen fünf Studien lieferten keine verwertbaren Ergebnisse, und Anfragen bei den Autoren nach weiteren Informationen blieben erfolglos.

Beim Vergleich von achtsamkeitsbasierten Interventionen mit anderen Behandlungen zeigte unsere Überprüfung und Analyse, dass achtsamkeitsbasierte Interventionen die Zahl der Tage mit Alkohol- oder Drogenkonsum nach der Behandlung und bei der Nachuntersuchung leicht verringern können und eine ähnliche Zahl von Teilnehmenden aufweisen, die bis zum Ende in der Studie verbleiben. Die Evidenz für die anderen von uns untersuchten auf die Abhängigkeit bezogenen Endpunkte (kontinuierliche Abstinenz, konsumierte Menge, Suchtintensität) ist die Evidenz ungewiss. Beim Vergleich von achtsamkeitsbasierten Interventionen mit keiner Behandlung war die Evidenz für alle auf die Abhängigkeit bezogenen Endpunkte ungewiss, obwohl achtsamkeitsbasierte Interventionen eine ähnliche Therapietreue der Teilnehmenden zur Behandlung zeigten. Über unerwünschte Wirkungen wurde nur in vier Studien berichtet. Die verfügbaren Daten deuten jedoch nicht darauf hin, dass achtsamkeitsbasierte Interventionen zu unerwünschten Ereignissen oder schwerwiegenden unerwünschten Ereignissen führen.

Wie aktuell ist dieser Review?

Die Autoren des Reviews suchten nach Studien, die bis April 2021 veröffentlicht wurden.

Finanzierungsquellen der Studien

Sechzehn Studien berichteten, dass sie keine finanzielle Förderung erhielten. Die übrigen Studien gaben eine oder mehrere Finanzierungs- und Unterstützungsquellen an. Neunzehn gaben staatliche Quellen an, sieben interne Zuschüsse, vier gemeinnützige Einrichtungen, und zwei Kliniken.

Anmerkungen zur Übersetzung: 

F. Aschoff, freigegeben durch Cochrane Deutschland

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