Maßnahmen zur Vorbeugung des plötzlichen unerwarteten Todes bei Epilepsie (SUDEP)

Hintergrund

Der plötzliche unerwartete Tod bei Epilepsie (englisch „sudden unexpected death“, SUDEP) ist definiert als plötzlicher, unerwarteter, bezeugter oder nicht bezeugter, nicht durch Verletzung oder Ertrinken bedingter Tod bei Menschen mit Epilepsie, mit oder ohne Hinweis auf einen epileptischen Anfall, für den bei der Obduktion zudem keine andere Todesursache gefunden wird. Der SUDEP ist die häufigste Epilepsie-bezogene Todesursache, mit etwa 1 bis 2 Todesfällen pro 1000 Patienten pro Jahr. Häufige Anfälle, insbesondere krampfartige Anfälle (sogenannte generalisierte tonisch-klonische Anfälle), männliches Geschlecht, junges Alter beim ersten Anfall, lange Dauer der Epilepsie und die Einnahme mehrerer Antiepileptika erhöhen vermutlich das Risiko für den SUDEP; die genauen Ursachen für den SUDEP sind derzeit noch nicht bekannt, es wird jedoch vermutet, dass sie mit Herzversagen, Atemproblemen und Hirnschäden nach generalisierten tonisch-klonischen Anfällen zusammenhängen.

Mit dem richtigen antiepileptischen Behandlungsschema können ungefähr 70 % der Menschen mit Epilepsie anfallsfrei werden. Allerdings erleidet ungefähr ein Drittel der Menschen mit Epilepsie trotz der Einnahme von mehreren antiepileptischen Medikamenten weiterhin Anfälle. Wiederkehrende Anfälle stellen für die Patienten ein Risiko für den SUDEP dar und können mit Depressionen und einer geringeren Lebensqualität verbunden sein. Vorgehensweisen zur Verhinderung des SUDEP beinhalten die Verringerung der Anzahl von generalisierten tonisch-klonischen Anfällen eines Patienten (durch Epilepsiechirurgie oder Veränderung des Lebensstils), Überprüfung von Herz- und Atemproblemen während und nach Anfällen, Überwachung der Patienten in der Nacht oder Verwendung von Sicherheitskissen, um Problemen bei der Atmung vorzubeugen. Medikamente, die den Botenstoff Serotonin im Gehirn erhöhen und die Botenstoffe Adenosin und Opioide verringern, könnten ebenfalls helfen, Problemen bei der Atmung vorzubeugen.

Ziel

Das Ziel dieses Reviews war die Bewertung der Wirksamkeit von Behandlungsmöglichkeiten zur Verhinderung des SUDEP.

Methoden

Wir durchsuchten elektronische Datenbanken und kontaktierten Experten auf diesem Gebiet, um relevante randomisierte und nicht randomisierte (Beobachtungs-) Studien für diesen Review zu finden. Die interessierenden Endpunkte waren: Anzahl der Todesfälle aufgrund des SUDEP; Anzahl anderer Todesfälle, die nicht mit dem SUDEP in Zusammenhang standen; Veränderungen in Bezug auf Angstgefühle, Depression und Lebensqualität; und die Anzahl von Krankenhausbesuchen.

Die Evidenz ist auf dem Stand von Februar 2019.

Ergebnisse

Von den 818 Dokumenten, die wir mit unseren Recherchen fanden, konnten wir vier Beobachtungsstudien einschließen. Wir fanden mehrere Studien, die untersuchten, wie sensibel Geräte in Bezug auf das Erkennen von nächtlichen generalisierten tonisch-klonischen Anfällen sind, jedoch erhoben diese Studien nicht den SUDEP und waren daher für diesen Review nicht relevant.

Drei Studien untersuchten, ob die Anwesenheit einer Aufsichtsperson, die das Schlafzimmer mit dem Patienten teilt, und spezielle Sicherheitsmaßnahmen, wie regelmäßige Kontrollen während der Nacht oder ein Abhörgerät, den SUDEP verhindern. Zwei der drei Studien, welche 202 Menschen, die an einem SUDEP verstorben waren, und 836 Menschen mit Epilepsie, die noch lebten, einschlossen, fanden heraus, dass diese Maßnahmen den SUDEP verhindern. Die dritte Studie mit 60 SUDEP-Todesfällen und 240 Kontrollpersonen untersuchte, ob die Erhöhung der nächtlichen Kontrolle bei Patienten in zwei Wohneinheiten zusätzlich zur üblichen Kontrolle mit Bettmonitoren und Abhörgeräten den SUDEP verhindert. Diese Studie zeigte keine zusätzliche vorbeugende Wirkung. Jedoch zeigte dieselbe Studie, dass das Zentrum mit den meisten SUDEP-Todesfällen das niedrigste Niveau an Überwachung hatte. Die Studien berichteten keine Veränderungen von Angstgefühlen, Depressionen, der Lebensqualität und der Anzahl von Krankenhausbesuchen.

Die vierte Studie untersuchte, wie sich die Gabe von Informationen bezüglich des SUDEP auf Menschen mit Epilepsie auswirkt, ob sie die Einnahme der antiepileptischen Medikamente verbesserte, sowie die Auswirkung auf Stimmung und Angstgefühle. Die Studie beobachtete die Patienten über sechs Monate, nachdem sie die Information erhalten hatten (oder nicht) und zeigte keine Wirkung auf die Einnahme der Medikamente oder Stimmung und Angstgefühle. Es gab keine Todesfälle in der Studie, daher ist die Wirkung von Informationsgabe und die Auswirkung auf das Risiko für den SUDEP nicht bekannt.

Vertrauenswürdigkeit der Evidenz

Wir bewerteten die Qualität der Evidenz dieses Reviews als sehr niedrig, weil die eingeschlossenen Studien nicht randomisiert waren und Informationen zu Überwachungsmaßnahmen zur Verhinderung des SUDEP in bis zu 40 % der Menschen innerhalb der Studie, die keinen SUDEP erlitten hatten, nicht verfügbar war.

Schlussfolgerungen

Wir fanden sehr begrenzte Evidenz von niedriger Vertrauenswürdigkeit dafür, dass nächtliche Überwachung den SUDEP verhindert. Weitere Forschung ist erforderlich, um zu ermitteln, ob andere Maßnahmen, wie Geräte zur Erkennung eines Anfalls, Sicherheitskissen und Medikamente mit einer Auswirkung auf Serotonin-, Adenosin- und Opioidspiegel im Gehirn, wirksam zur Verhinderung des SUDEP bei Menschen mit Epilepsie sind.

Anmerkungen zur Übersetzung: 

A. Egger-Rainer und N.-E. Denninger, freigegeben durch Cochrane Deutschland

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