Nichtsteroidale Antirheumatika (NSARs) und Nicht-Oopiate zur Therapie akuter Nierenkoliken

Akute Nierenkoliken sind Schmerzen, die entstehen, wenn der Harn aufgrund von Nierensteinen nicht abfließen kann. Die Häufigkeit von Nierensteinen wird auf 2% bis 3% geschätzt. Aufgrund von Veränderungen der Ernährungs- und Lebensgewohnheiten ist die Inzidenz von Nierensteinen in den letzten Jahren gestiegen. Eine Nierenkolik ist in der Regel ein plötzlich auftretender intensiver Schmerz in der Seite oder der Bauchgegend. Das geschieht in der Regel, wenn ein Harnstein den Harnleiter, der die Nieren mit der Blase verbindet, verstopft. Zur Linderung der Beschwerden kommen verschiedene Arten von Schmerzmitteln zum Einsatz. In der Regel werden gegen die Schmerzen und Beschwerden nicht-steroidale entzündungshemmende Mittel (nichtsteroidale Antirheumatika, NSAR) und krampflösende Mittel verabreicht. Mit diesem Review sollte die Alltagswirksamkeit der häufig verwendeten nicht-opioiden Schmerzmittel bei erwachsenen Patienten mit akuter Nierenkolik geprüft werden. 50 Studien mit 5734 Teilnehmern wurden in diesen Review eingeschlossen. Die Behandlungen in den jeweiligen Studien unterschieden sich stark, daher war eine Kombination der Studien schwierig. Wir stellten fest, dass NSAR die Schmerzen und den Bedarf an zusätzlicher medikamentöser Behandlung insgesamt wirksamer reduzieren als andere nicht-opioide Schmerzmittel, darunter krampflösende Medikamente. Ferner stellten wir fest, dass die Kombination von NSAR mit krampflösenden Medikamenten die Wirkung nicht steigerte. Keine der eingeschlossenen Studien berichtete über schwerwiegende unerwünschte Wirkungen.

Schlussfolgerungen der Autoren: 

Trotz der Variabilität in den Studien (Einschlusskriterien, evaluierte Endpunkte und Interventionen) und obwohl die Evidenz nicht von höchster Qualität ist, glauben wir trotzdem, dass NSARs eine wirksame Behandlung für Nierenkoliken im Vergleich zu Placebo oder Spasmolytika darstellen. Die zusätzliche Gabe von Spasmolytika zu NSARs resultiert nicht in einer besseren Schmerzkontrolle. Es gibt nur wenige Daten über andere Arten von Nichtopiaten und Nicht-NSAR-Medikamenten.

Schwerwiegende nachteilige Wirkungen sind in der Literatur für die Anwendung von NSARs zur Behandlung von Nierenkoliken nicht berichtet.

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Hintergrund: 

Nierenkoliken sind akute Schmerzen, die durch Harnsteine verursacht werden. In den Vereinigten Staaten liegt die Prävalenz von Harnsteinen zwischen 10 und 15 %.Nierenkoliken gehören somit zu den häufigsten Gründen für akute urologische Behandlungen. Da die Schmerzen häufig sehr stark sind, ist der erste Schritt im therapeutischen Management eine adäquate Schmerztherapie. Viele medikamentöse Substanzklassen stehen dabei zur Verfügung, welche auch nichtsteroidale Antirheumatika (NSARs) und Opiate einschließen.

Zielsetzungen: 

Das vorliegende Review hatte zum Ziel, Nutzen und Schäden verschiedener NSARs und Nicht-Opiate zur Behandlung von erwachsenen Patienten mit akuter Nierenkolik zu bewerten. Soweit möglich, sollte außerdem bestimmt werden, welche Medikation (oder Medikamentenklasse) für diesen Zweck am besten geeignet ist. Hierfür wurden klinisch relevante Endpunkte, wie die Wirksamkeit zur Schmerzlinderung, Zeit bis zur Schmerzlinderung, das Wiederauftreten von Schmerzen, die Notwendigkeit von Notfallmedikation sowie Nebenwirkungen untersucht.

Suchstrategie: 

Wir haben das Register der Cochrane Renal Group (bis zum 27. November 2014) mit Hilfe des Suchkoordinators unter Einbeziehung der relevanten Suchbegriffe durchsucht.

Auswahlkriterien: 

Nur randomisierte oder quasi-randomisierte Studien wurden eingeschlossen. Weitere Einschlusskriterien beinhalteten erwachsene Patienten mit der klinischen Diagnose einer Nierenkolik durch Urolithiasis, den Einschluss eines nicht-opioiden Schmerzmittels im Vergleich zu Placebo oder zu einem anderen Nicht-Opioid in mindestens einem Behandlungsarm. Es wurden nur Studien eingeschlossen, die die Endpunkte Schmerzlinderung oder Nebenwirkungen durch die verabreichten Schmerzmittel berichteten. Endpunkte von Interesse waren durch die Patienten selbst eingeschätzte Schmerzen, die mit einem validierten Instrument gemessen wurden, Zeit bis zur Schmerzlinderung, Notwendigkeit einer zusätzlichen Medikation und Schmerzrezidive. Alle unerwünschten Wirkungen (leichte und schwerwiegende Vorfälle), die in den Studien berichtet wurden, wurden eingeschlossen.

Datensammlung und ‐analyse: 

Abstracts wurden von mindestens zwei Autoren unabhängig voneinander bewertet. Volltexte, welche die Einschlusskriterien erfüllten, wurden vollständig überprüft und relevante Daten wurden in standardisierten Datenerhebungsformularen der Cochrane Renal Group festgehalten. Für dichotome Endpunkte wurden relative Risiken (RR) und 95%-Konfidenzintervalle (KI) berechnet. Für kontinuierliche Endpunkte wurde die gewichtete mittlere Differenz (MD) geschätzt. Für Metaanalysen wurden sowohl Fixed-Effekt- und Random-Effekt-Modelle verwendet. Die Schmerzlinderung wurde mit vier verschiedenen Endpunkten bewertet: die von Patienten berichtete Schmerzlinderung mithilfe einer visuellen Analogskala (VAS),Anteil der Patienten mit mindestens 50 % Schmerzlinderung, die Notwendigkeit einer weiteren Medikation und das Auftreten von Schmerzrezidiven. Die Heterogenität wurde mit dem I²-Testbeurteilt.

Hauptergebnisse: 

Insgesamt wurden 50 Studien (5734 Teilnehmer) in dieses Review eingeschlossen und37 Studien (4483 Teilnehmer) gingen in die Metaanalysen ein. Das Risiko für Selektionsbias war in 34% der Studien niedrig und war unklar in 66%; für Performance Bias war es niedrig in 74%, hoch in 14% und unklar in 12%; für Attrition Bias war es niedrig in 82% und hoch in 18%; für selektive Berichterstattung war es niedrig in 92% der Studien; und das Risiko für andere Biasarten (Industriefinanzierung) war hoch in 4%,unklar in 18% und niedrig in 78%.

Die von Patienten berichteten Ergebnisse für Schmerzen (anhand der VAS) variierten sehr und wurden insgesamt als heterogen angegeben. Für die Vergleiche, die gepoolt werden konnten, beobachteten wir folgende Ergebnisse:NSARs reduzierten Schmerzen im Vergleich zu Spasmolytika deutlich (5 Studien, 303Teilnehmer: MD −12,97, 95 % KI von −21,80 bis -4,14; I² = 74 %). Die Kombinationstherapie von NSARs und Spasmolytika war zur Schmerzkontrolle signifikant wirksamer als NSARs allein (2 Studien, 310 Teilnehmer: MD −1,99, 95 % KI von −2,58bis −1,40; I² = 0 %).

NSARs waren signifikant wirksamer in der Schmerzlinderung von 50 % innerhalb der ersten Stunde (3 Studien, 197 Teilnehmer: RR 2,28, 95 % KI von 1,47 bis 3,51; I² = 15 %). Indometacin war [im Hinblick auf den Endpunkt 50 % Schmerzreduktion] weniger wirksam als andere NSARs (4 Studien, 412 Teilnehmer: RR 1,27, 95 % KI von 1,01 bis1,60; I² = 55 %). Weiterhin waren NSARs hierbei signifikant wirksamer als Hyoscine (Scopolamin) (5 Vergleiche, 196 Teilnehmer: RR 2,44, 95 % KI von 1,61 bis 3,70; I² = 28%). Die Kombination von NSARs und Spasmolytika war im Vergleich zur alleinigen Gabe von NSARs [bei dem Endpunkt 50 % Schmerzreduktion] nicht überlegen (9 Vergleiche,906 Teilnehmer: RR 1,00, 95 % KI von 0,89 bis 1,13; I² = 59 %).  Die Ergebnisse waren heterogen, wenn NSARs mit anderen Nichtopiatmedikamenten verglichen wurden.

Bei der Evaluation einer zusätzlichen Bedarfsmedikation war bei Therapie mit NSARs die Notwendigkeit hierfür weniger wahrscheinlich als bei einer Therapie mit Placebo(4 Vergleiche, 180 Teilnehmer: RR 0,35, 95 % KI von 0,20 bis 0,60; I² = 24 %). Weiterhin waren NSARs wirksamer als Spasmolytika (4 Studien, 299 Teilnehmer: RR 0,34, 95 % KI von 0,14 bis 0,84; I² = 65 %).  Die Kombination von NSARs und Spasmolytika war der alleinigen Verabreichung von NSARs auch hier nicht überlegen (7 Vergleiche, 589Teilnehmer: RR 0,99, 95 % KI von 0,62 bis 1,57; I² = 10 %).  Indometacin war [in Bezug auf den Endpunkt einer Zusatzmedikation], mit Ausnahme von Lysin Acetylsalicylat (RR 0,15, 95 % CI 0,04–0,65), weniger wirksam als andere NSARs (4 Studien, 517Teilnehmer: RR 1,36, 95 % KI von 0,96 bis 1,94; I² = 14 %).

Das Auftreten von Schmerzrezidiven wurde nur in drei Studien berichtet, die nicht zusammengefasst werden konnten: Ein höherer Anteil an Patienten, die mit 75 mg Diclofenac (IM) behandelt wurden, zeigte in den ersten 24 Stunden der Nachbeobachtung wiederholte Schmerzen im Vergleich zu denen, die mit 40 mg Piroxicam (IM) behandelt wurden (60 Teilnehmer: RR 0,05, 95 % KI von 0,00 bis 0,81); kein signifikanter Unterschied beim Schmerzrezidiv nach 72 Stunden wurde zwischen den Gruppen von Piroxicam plus Phloroglucin und Piroxicam plus Placebo beobachtet (253 Teilnehmer:RR 2,52, 95 % KI von 0,15 bis 12,75). Weiterhin gab es keinen signifikanten Unterschied im Schmerzrezidiv innerhalb von 72 Stunden nach Entlassung zwischen IM Piroxicam und IV Paracetamol (82 Teilnehmer: RR 1,00, 95 % KI von 0,65 bis 1,54).

Unerwünschte Wirkungen wurden uneinheitlich präsentiert; schwerwiegende Vorfälle wurden nicht berichtet.

Anmerkungen zur Übersetzung: 

S. Schmidt, N. Kroeger, freigegeben durch Cochrane Deutschland.

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