Pessare (mechanische Vorrichtungen) zur Behandlung von Senkungszuständen des weiblichen Genitales

Schlussfolgerungen der Autoren: 

Wir sind uns nicht sicher, ob Pessare die Senkungszustand-Symptome für Frauen im Vergleich zu keiner Behandlung oder PFMT verbessern, aber Pessare zusätzlich zu PFMT verbessern wahrscheinlich die Senkungszustand-Symptome der Frauen und die Senkungszustand-spezifische Lebensqualität. Möglicherweise gibt es jedoch ein erhöhtes Risiko für unerwünschte Ereignisse bei Pessaren im Vergleich zu PFMT. Zukünftige Studien sollten eine ausreichende Anzahl von Frauen rekrutieren und klinisch wichtige Endpunkte wie die Senkungszustand-spezifische Lebensqualität und die Behebung der Senkungszustand-Symptome messen.

Der Review fand zwei relevante ökonomische Evaluationen. Von diesen bewertete eine die Kosteneffektivität der Pessar-Behandlung, des Erwartungsmanagements und der chirurgischen Verfahren, und die andere verglich die Pessar-Behandlung mit PFMT.

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Hintergrund: 

Senkungszustände des Genitales sind ein häufiges Problem bei Frauen. Etwa 40 % der Frauen erleiden im Laufe ihres Lebens einen Senkungszustand, wobei erwartet wird, dass der Anteil mit dem Altern der Bevölkerung steigt. Frauen erleben eine Vielzahl von störenden Symptomen als Folge eines Senkungszustandes, einschließlich eines vaginalen Fremdkörpergefühls, Schmerzen, Harnsymptome, Darmbeschwerden und sexuelle Schwierigkeiten. Die Behandlung des Senkungszustandes umfasst Operationen, Beckenbodentraining (PFMT) und Vaginalpessare. Vaginalpessare sind passive mechanische Vorrichtungen, die die Vagina stützen und die vorgefallenen Organe wieder in der anatomisch korrekten Position halten sollen. Die am häufigsten verwendeten Pessare werden aus Polyvinylchlorid, Polyethylen, Silikon oder Latex hergestellt. Pessare werden von Ärzten häufig verwendet, wobei eine hohe Anzahl von Ärzten ein Pessar als Erstlinientherapie bei Prolaps anbietet.

Dies ist eine Aktualisierung eines Cochrane Reviews, der erstmals 2003 und zuletzt 2013 veröffentlicht wurde.

Zielsetzungen: 

Das Ziel des Reviews war die Bewertung der Effekte von Pessaren (mechanischen Vorrichtungen) zur Behandlung eines Senkungszustands des Genitales bei Frauen sowie die Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse relevanter ökonomischer Bewertungen zu dieser Intervention.

Suchstrategie: 

Wir durchsuchten das Cochrane Incontinence Specialised Register, das Studien enthält, die aus dem Cochrane Central Register of Controlled Trials (CENTRAL), MEDLINE, MEDLINE In-Process, MEDLINE Epub Ahead of Print, ClinicalTrials.gov, WHO ICTRP und einer Handsuche in Zeitschriften und Konferenzberichten identifiziert wurden (die Suche erfolgte am 28. Januar 2020). Wir durchsuchten die Referenzlisten der relevanten Artikel und kontaktierten die Autoren der eingeschlossenen Studien.

Auswahlkriterien: 

Wir schlossen randomisierte und quasi-randomisierte kontrollierte Studien ein, in denen in mindestens einem Studienarm ein Pessar zur Behandlung eines Senkungszustandes des Beckenbodens verwendet wurde.

Datensammlung und ‐analyse: 

Zwei Review-Autoren bewerteten unabhängig voneinander die Abstracts, extrahierten die Daten, bewerteten das Risiko für Bias und führten GRADE-Bewertungen durch, wobei ein dritter Review-Autor bei Bedarf vermittelnd eingriff.

Hauptergebnisse: 

Wir schlossen vier Studien mit insgesamt 478 Frauen mit verschiedenen Prolaps-Stadien ein, die alle in einkommensstarken Ländern durchgeführt wurden. In einer Studie stimmten nur sechs der 113 rekrutierten Frauen einer zufälligen Zuteilung zu einer Intervention zu; für diese sechs Frauen sind keine Daten verfügbar. Wir konnten keine Meta-Analyse durchführen, da jede der Studien einen anderen Vergleich beinhaltete. Keine der Studien berichtete Daten über die wahrgenommene Auflösung der Senkungszustand-Symptome oder über psychologische Ergebnismessungen. Alle Studien berichteten Daten über die wahrgenommene Verbesserung der Senkungszustand-Symptome.

Insgesamt waren die Studien aufgrund der fehlenden Verblindung mit einem hohen Risiko für einen Performance Bias behaftet, während das Risiko für einen Selektionsbias gering war. Wir stuften die Vertrauenswürdigkeit der Evidenz aufgrund unzureichender Präzision der Ergebnisse herab, die sich aus der geringen Anzahl der an den Studien teilnehmenden Frauen ergibt.

Pessar versus keine Behandlung: Nach 12 Monaten Nachbeobachtung sind wir unsicher bezüglich des Effektes von Pessaren im Vergleich zu keiner Behandlung auf die wahrgenommene Verbesserung der Senkungszustand-Symptome (Mittelwertdifferenz (MD) in den Fragebogenwerten -0,03, 95 % Konfidenzintervall (KI) -0,61 bis 0,55; 27 Frauen; 1 Studie; sehr niedrige Vertrauenswürdigkeit der Evidenz) und Heilung oder Verbesserung sexueller Probleme (MD -0,29, 95 % KI -1,67 bis 1,09; 27 Frauen; 1 Studie; sehr niedrige Vertrauenswürdigkeit der Evidenz). Bei diesem Vergleich fanden wir keine Evidenz in Bezug auf die Senkungszustand-spezifische Lebensqualität oder auf die Anzahl der Frauen mit unerwünschten Ereignissen (krankhafte vaginale Blutungen oder de novo Miktionsbeschwerden).

Pessar versus Beckenbodenmuskeltraining (PFMT): Nach einer Nachbeobachtungszeit von 12 Monaten sind wir uns nicht sicher, ob es einen Unterschied zwischen Pessaren und PFMT in Bezug auf die von den Frauen wahrgenommene Verbesserung der Senkungszustand-Symptome (MD -9,60, 95 % KI -22,53 bis 3,33; 137 Frauen; niedrige Vertrauenswürdigkeit der Evidenz), der Senkungszustand-spezifischen Lebensqualität (MD -3,30, 95 % KI -8,70 bis 15,30; 1 Studie; 116 Frauen; niedrige Vertrauenswürdigkeit der Evidenz) oder der Heilung oder Verbesserung von sexuellen Problemen (MD -2,30, 95 % KI -5,20 bis 0,60; 1 Studie; 48 Frauen; niedrige Vertrauenswürdigkeit der Evidenz) gibt. Pessare können im Vergleich zu PFMT zu einem stark erhöhten Risiko für unerwünschte Ereignisse führen (RR 75,25, 95 % KI 4,70 bis 1205,45; 1 Studie; 97 Frauen; niedrige Vertrauenswürdigkeit der Evidenz). Zu den unerwünschten Ereignissen gehörten ein vermehrter Vaginalausfluss und/oder eine vermehrte Harninkontinenz und/oder Erosionen oder Irritationen der Vaginalwände.

Pessar plus PFMT versus PFMT allein: Nach 12 Monaten Nachbeobachtung führt eine Pessar-Behandlung plus PFMT im Vergleich zu PFMT allein wahrscheinlich dazu, dass mehr Frauen eine Verbesserung ihrer Senkungszustand-Symptome wahrnehmen (RR 2,15, 95% KI 1,58 bis 2,94; 1 Studie; 260 Frauen; moderate Vertrauenswürdigkeit der Evidenz). Nach einer Nachbeobachtungszeit von 12 Monaten verbessert eine Pessar-Behandlung plus PFMT wahrscheinlich die Senkungszustand-spezifische Lebensqualität der Frauen im Vergleich zu PFMT allein (Median (Interquartilsbereich (IQR)) POPIQ-Score: Pessar plus PFMT 0,3 (0 bis 22,2); 132 Frauen; nur PFMT 8,9 (0 bis 64,9); 128 Frauen; P = 0,02; moderate Vertrauenswürdigkeit der Evidenz). Pessar-Behandlung plus PFMT erhöht möglicherweise das Risiko für krankhafte vaginale Blutungen im Vergleich zu PFMT allein geringfügig (RR 2,18, 95 % KI 0,69 bis 6,91; 1 Studie; 260 Frauen; moderate Vertrauenswürdigkeit der Evidenz). Die Evidenz ist unklar in Bezug darauf, ob die Nutzung eines Pessars plus PFMT im Vergleich zu alleinigem PFMT einen Einfluss auf das Risiko von de novo Miktionsbeschwerden hat (RR 1,32, 95 % KI 0,54 bis 3,19; 1 Studie; 189 Frauen; niedrige Vertrauenswürdigkeit der Evidenz).

Anmerkungen zur Übersetzung: 

J. Kranz, freigegeben durch Cochrane Deutschland

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