Fragestellung des Reviews
In diesem Cochrane Review wollten wir herausfinden, wie gut Antidepressiva bei der Behandlung von Frauen mit postnataler Depression wirken.
Warum ist das wichtig?
Postnatale Depression ist eine Form der Depression, die innerhalb von 12 Monaten, nachdem eine Frau ein Kind geboren hat, auftritt. Viele Frauen sind davon betroffen. Postnatale Depression kann schwerwiegende kurz- und langfristige Auswirkungen auf die Mutter, das Baby und die gesamte Familie haben.
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, postnatale Depression zu behandeln. Dazu gehören antidepressive Medikamente, psychologische Therapie, Unterstützung oder Beratung. Die Art der angebotenen Behandlung hängt vom Schweregrad der Depression, anderen Erkrankungen und der Entscheidung der Frau ab. Frauen, die schwanger sind oder stillen, sind im Allgemeinen besorgt über die möglichen unerwünschten Wirkungen von Antidepressiva auf ihr Baby.
Es ist wichtig zu wissen, ob Antidepressiva eine wirksame und akzeptable Behandlung für Frauen mit postnataler Depression sein könnten.
Unsere Vorgehensweise
Im Mai 2020 haben wir nach Studien über Antidepressiva für Frauen mit postnataler Depression gesucht. Wir suchten nach randomisierten kontrollierten Studien, in denen die Behandlungen den Studienteilnehmerinnen nach dem Zufallsprinzip zugeteilt wurden. Diese Studien liefern die zuverlässigste Evidenz.
Wir haben 11 Studien mit insgesamt 1016 Frauen einbezogen. In den Studien wurden Antidepressiva mit Placebos (Scheinmedikamenten), der üblichen Behandlung (Beobachten und Abwarten, regelmäßige Besuche bei einer/m Betreuungskoordinator*in), psychologischen Maßnahmen (Therapie), psychosozialen Maßnahmen (Unterstützung oder Beratung durch Gleichgesinnte), anderen Arzneimitteln oder einer anderen Art von Antidepressivum sowie Komplementärmedizin (Nahrungsergänzungsmittel) verglichen.
Acht der Studien wurden in englischsprachigen Ländern mit hohem Einkommen durchgeführt. Die Dauer der Behandlungen reichte von vier bis 24 Wochen.
Wir fokussierten uns auf die Ergebnisse, wie gut die Behandlungen funktionierten (Wirksamkeit). Gemessen wurde dies an der Zahl der Personen, die gut auf die Behandlung ansprachen (Antwort) oder am Ende der Behandlung die Kriterien für eine Depression nicht mehr erfüllten (Remission). Wir haben auch untersucht, ob bei den Frauen und/oder ihren Babys unerwünschte Wirkungen der Behandlung aufgetreten sind.
Was haben wir herausgefunden?
Wir haben festgestellt, dass Frauen, die mit Antidepressiva behandelt werden, etwas besser reagieren und weniger schwere postnatale Depressionen haben als Frauen, die ein Placebo erhalten. Die Anzahl der unerwünschten Wirkungen bei den Frauen war in beiden Gruppen ähnlich. Es gab nicht genügend Studien, in denen Antidepressiva mit anderen Behandlungsformen verglichen wurden. Die am häufigsten untersuchten Antidepressiva gehörten zur Gruppe der Serotonin Wiederaufnahmehemmer (auch bezeichnet als SSRI).
Schlussfolgerungen
Dieser Review hat nur wenige relevante Studien gefunden. Es gibt einige Evidenz darauf, dass Antidepressiva bei Frauen mit postnatalen Depressionen möglicherweise besser wirken als ein Placebo. Es gibt nicht genügend Evidenz für den Vergleich von Antidepressiva mit anderen Behandlungsmethoden bei postnataler Depression. Ärzt*innen müssen die Evidenz aus Studien, die sich auf die Allgemeinbevölkerung beziehen, und aktuelle klinische Leitlinien zusammen mit der Krankengeschichte und den aktuellen Symptomen der Frau berücksichtigen, um gemeinsam mit der Frau eine individuelle Risiko-Nutzen-Entscheidung für die Behandlung zu treffen.
Vertrauenswürdigkeit der Evidenz
Insgesamt ist unser Vertrauen in die vorhandene Evidenz niedrig. Einige Ergebnisse beruhen nur auf wenigen Studien mit einer geringen Anzahl von Frauen in jeder Behandlungsgruppe. Daher sind wir nicht sicher, wie zuverlässig die Ergebnisse sind. Unsere Schlussfolgerungen können sich ändern, wenn weitere Studien durchgeführt werden. Unsere Erkenntnis, dass Antidepressiva besser wirken als ein Placebo, deckt sich mit den Ergebnissen einer größeren Anzahl von Studien in der Allgemeinbevölkerung.
S. A. Genier, A. Walther, freigegeben durch Cochrane Schweiz. Unterstützt von Fondation SANA (www.fondation-sana.ch).