Bisphosphonate oder RANK-Liganden-Inhibitoren für Männer mit Prostatakrebs und Knochenmetastasen: eine Netzwerk-Metaanalyse

Schlussfolgerungen der Autoren: 

Wenn osteoprotektive Medikamente als unterstützende Behandlung in Betracht gezogen werden, muss zwischen der Wirksamkeit und Akzeptanz abgewogen werden. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Behandlung mit Zoledronsäure wahrscheinlich von Vorteil für Patienten mit ossärer Metastasierung hinsichtlich Schmerzreduktion ist, wobei manche Patienten von einer Zunahme der Schmerzereignisse berichten. Aber es erfordert ein konsequentes Nebenwirkungsscreening. Es sind jedoch weitere Studien mit direkten Vergleichen zwischen allen potenziellen Wirkstoffen erforderlich, um das Gesamtbild darzustellen und die Ergebnisse dieser Metaanalyse zu verifizieren.

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Hintergrund: 

Verschiedene knochenmodifizierende Wirkstoffe wie Bisphosphonate und Rezeptoraktivatoren des Nuklearfaktor-Kappa-B-Liganden (RANKL)-Inhibitoren werden als unterstützende Behandlung bei Männern mit ossär metastasiertem Prostatakrebs eingesetzt, um skelettbezogene Ereignisse (SREs) zu verhindern. SREs umfassen unter anderem pathologische Frakturen, die Kompression des Rückenmarks, konsekutive Stabilisierungsoperationen und Strahlentherapie am Knochen sowie Hyperkalzämie. Diese führen zu Morbidität, einem schlechten Leistungsstatus und einer eingeschränkten Lebensqualität. Die Wirksamkeit und Akzeptanz der osteoprotektiven Therapie sind daher von hoher Relevanz. Bisherige Empfehlungen in Leitlinien dazu, welche knochenmodifizierenden Wirkstoffe eingesetzt werden sollten, sind selten und widersprüchlich.

Zielsetzungen: 

Ziel des Reviews war die Bewertung der Wirkung von Bisphosphonaten und RANKL-Inhibitoren als unterstützende Behandlung von Prostatakrebspatienten mit Knochenmetastasen und die Erstellung eines klinisch aussagekräftigen Behandlungs-Rankings nach ihrer Sicherheit und Wirksamkeit unter Durchführung einer Netzwerk-Metaanalyse.

Suchstrategie: 

Die entsprechenden Studien wurden durch eine elektronische Suche in den bibliografischen Datenbanken Cochrane Controlled Register of Trials (CENTRAL), MEDLINE und Embase bis zum 23. März 2020 identifiziert. Zudem wurden die Cochrane Library, verschiedene Studienregister und Abstracts von Konferenzberichten sowie die Referenzlisten identifizierter Studien durchsucht.

Auswahlkriterien: 

Es wurden randomisierte kontrollierte Studien (RCTs) eingeschlossen, in denen verschiedene Bisphosphonate und RANKL-Inhibitoren miteinander oder gegen keine weitere Behandlung bzw. ein Placebo bei Männern mit ossär metastasiertem Prostatakrebs verglichen wurden. In den Review eingeschlossen wurden Männer mit kastrationsresistentem und hormonsensitivem Prostatakrebs, und es wurden entsprechend dieser Kriterien Subgruppenanalysen durchgeführt.

Datensammlung und ‐analyse: 

Zwei Review-Autoren extrahierten unabhängig voneinander die Daten und bewerteten die Qualität der Studien. Als primäre Endpunkte wurden der Anteil der Teilnehmer mit einer Schmerzreaktion und die unerwünschten Ereignisse Nierenfunktionsstörung und Osteonekrose des Kiefers definiert. Sekundäre Endpunkte waren SREs insgesamt und jeweils einzeln (siehe oben), die Mortalität, die Lebensqualität und weitere unerwünschte Ereignisse wie Nebenwirkungen 3. bis 4. Grades, Hypokalzämie, Fatigue, Diarrhoen und Übelkeit. Es wurden Netzwerk-Metaanalysen durchgeführt und Behandlungs-Rankings für alle Endpunkte generiert, mit Ausnahme der Lebensqualität aufgrund der unzureichenden Berichterstattung zu diesem Endpunkt. Um einzelne Ergebnisse der Wirksamkeit mit den Ergebnissen der Akzeptanz der osteoprotektiven Therapie zu vergleichen, wurden Ranking-Plots zusammengestellt. Die Vertrauenswürdigkeit der Evidenz für die Haupt-Endpunkte wurde unter Verwendung des GRADE-Ansatzes bewertet.

Hauptergebnisse: 

25 Studien erfüllten die definierten Einschlusskriterien. Für die quantitative Analyse konnten 21 Studien berücksichtigt werden, von denen in sechs Bisphosphonate (Zoledronsäure, Risedronat, Pamidronat, Alendronat, Etidronat oder Clodronat) miteinander, mit dem RANKL-Inhibitor Denosumab oder mit keiner Behandlung bzw. einem Placebo verglichen wurden. Durch die Durchführung einer Netzwerk-Metaanalyse konnten alle genannten Wirkstoffe direkt und/oder indirekt innerhalb des Netzwerks für jeden Endpunkt vergleichen werden. In diesem Abstract werden nur die Vergleiche von Zoledronsäure und Denosumab mit dem Haupt-Vergleich (keine Behandlung/Placebo) für die Endpunkte beschrieben, die als von größter Relevanz vordefiniert wurden und zudem in der „Summary of findings“-Tabelle dargestellt sind. Weitere Ergebnisse sowie die Ergebnisse der Subgruppenanalysen zum Kastrationsstatus der Teilnehmer sind im Ergebnisteil des Volltextes dargestellt.

Die Behandlung mit Zoledronsäure verringert oder erhöht wahrscheinlich den Anteil der Teilnehmer mit einer Schmerzreaktion im Vergleich zu keiner Behandlung oder einem Placebo (Risikoverhältnis (RR) 1,46, 95 % Konfidenzintervall (KI) 0,93 bis 2,32; pro 1000 Teilnehmer 121 mehr (19 weniger bis 349 mehr); Evidenz von moderater Vertrauenswürdigkeit; das Netzwerk basiert auf 4 Studien mit 1013 Teilnehmern). Für diesen Endpunkt wurden in keiner der Studien Ergebnisse zum Vergleich mit Denosumab berichtet.

Die unerwünschte Nebenwirkung „Nierenfunktionsstörung“ tritt bei der Behandlung mit Zoledronsäure wahrscheinlich häufiger auf als bei keiner Behandlung oder einem Placebo (RR 1,63, 95 % KI 1,08 bis 2,45; pro 1000 Teilnehmer 78 mehr (10 mehr bis 180 mehr); Evidenz von moderater Vertrauenswürdigkeit; das Netzwerk basiert auf 6 Studien mit 1769 Teilnehmern). Die Ergebnisse für Denosumab konnten für diesen Endpunkt nicht berücksichtigt werden, da eine Anzahl von 0 Ereignissen in einer Netzwerk‐Metaanalyse nicht berücksichtigt werden kann und daher im Ranking nicht erscheint.

Die Behandlung mit Denosumab führt zu einem erhöhten Auftreten der unerwünschten Nebenwirkung „Osteonekrose des Kiefers“ (RR 3,45, 95 % KI 1,06 bis 11,24; pro 1000 Teilnehmer 30 mehr (1 mehr bis 125 mehr); Evidenz von hoher Vertrauenswürdigkeit; 4 Studien mit 3006 Teilnehmern) im Vergleich zu keiner Behandlung oder der Behandlung mit einem Placebo. Beim Vergleich von Zoledronsäure mit keiner Behandlung oder der Behandlung mit einem Placebo umfassen die Konfidenzintervalle sowohl die Möglichkeit eines Nutzens als auch eines Schadens, weshalb die Behandlung mit Zoledronsäure das Auftreten einer Osteonekrose des Kiefers wahrscheinlich weder verringert noch erhöht (RR 1,88, 95 % KI 0,73 bis 4,87; pro 1000 Teilnehmer 11 mehr (3 weniger bis 47 mehr)); Evidenz von moderater Vertrauenswürdigkeit; basierend auf der Netzwerk-Metaanalyse zu 4 Studien mit 3006 Teilnehmern).

Im Vergleich zu keiner Behandlung oder der Behandlung mit einem Placebo bewirkt die Behandlung mit Zoledronsäure (RR 0,84, 95 % KI 0,72 bis 0,97) und Denosumab (RR 0,72, 95 % KI 0,54 bis 0,96) möglicherweise eine Verringerung der Gesamtzahl von SREs (pro 1000 Teilnehmer 75 weniger (131 weniger bis 14 weniger) bzw. 131 weniger (215 weniger bis 19 weniger); die Evidenz für beide Ergebnisse ist von niedriger Vertrauenswürdigkeit; 12 Studien mit 5240 Teilnehmern).

Die Behandlung mit Zoledronsäure und Denosumab bewirkt wahrscheinlich keine Verringerung oder Erhöhung der Mortalität im Vergleich zu keiner Behandlung bzw. einem Placebo (RR 0,90 für Zoledronsäure, 95 %-KI 0,80 bis 1,01; pro 1.000 Teilnehmer 48 weniger (97 weniger bis 5 mehr); Denosumab RR 0,93, 95 % KI 0,77 bis 1,11; pro 1000 Teilnehmer 34 weniger (111 weniger bis 54 mehr); die Evidenz für beide Ergebnisse ist von moderater Vertrauenswürdigkeit; 13 Studien mit 5494 Teilnehmern).

Für den Endpunkt Lebensqualität war aufgrund einer unzureichenden Berichterstattung keine Netzwerk-Metaanalyse möglich. Eine Studie mit 1904 Teilnehmern, in der Zoledronsäure und Denosumab miteinander verglichen wurden, zeigte, dass mehr mit Zoledronsäure behandelte Teilnehmer als mit Denosumab behandelte Teilnehmer einen Rückgang der FACT-G-Gesamtscores um mindestens 5 Punkte über einen Zeitraum von 18 Monaten (durchschnittlicher relativer Unterschied = 6,8 %, Bereich –9,4 % bis 14,6 %) oder eine Verschlechterung der krebsbezogenen Lebensqualität erfuhren.

Anmerkungen zur Übersetzung: 

D. Dräger, freigegeben durch Cochrane Deutschland.

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