Interventionen während Schwangerschaft und Geburt zur Vorbeugung von Zerebralparese: Eine Übersicht über systematische Reviews von Cochrane

Was ist das Problem?

Zerebralparese ist ein Begriff, der eine Gruppe von Erkrankungen umfasst, die die Bewegungsfähigkeit beim Menschen beeinträchtigen und ist die häufigste körperliche Behinderung in der Kindheit. Die Zerebralparese ist in der Regel auf Ereignisse vor, während oder nach der Geburt zurückzuführen, die zu Verletzungen des sich entwickelnden Gehirns von Neugeborenen führten. Es gibt keine alleinige Ursache für Zerebralparese. Bei vielen Kinder ist die Ursache der Zerebralparese unklar, allerdings gibt es viele bekannte Risikofaktoren. Der größte Risikofaktor ist die Geburt vor der 37. Schwangerschaftswoche (Frühgeburt). Andere Risikofaktoren für Mütter umfassen einige medizinische Erkrankungen (einschließlich Schilddrüsenprobleme), Anomalien der Plazenta, Präeklampsie (Bluthochdruck und Eiweiß im Urin) sowie einige bakterielle und virale Infektionen. Bei Babys beinhalten Risikofaktoren angeborene und genetische Anomalien, ein niedriges Geburtsgewicht oder eingeschränktes Wachstum als Fötus, Zwillings- oder Drillingsgeburten, verschiedene Infektionen und einen längeren Sauerstoffmangel während der Geburt.

Warum ist das wichtig?

Da es verschiedene Risikofaktoren und Ursachen für Zerebralparese gibt, ist es wahrscheinlich, dass verschiedene unterschiedliche Interventionen (Behandlungen) notwendig sind, um eine Zerebralparese durch Verringerung von Risikofaktoren zu verhindern. Dieser Review fasst die Evidenz zur Vorbeugung von Zerebralparese aus Cochrane Reviews zu Interventionen während Schwangerschaft und Geburt zusammen.

Welche Evidenz haben wir gefunden?

Wir haben am 7. August 2016 nach Evidenz gesucht. Wir fanden 15 Cochrane Reviews, die Interventionen während der Schwangerschaft oder der Geburt untersuchten, die über Zerebralparese berichteten, mit Informationen aus 27 randomisierten kontrollierten Studien mit 32.490 Kindern. Die Reviews waren von hoher Qualität, aber die Qualität der Evidenz über Zerebralparese reichte von sehr niedrig bis hoch.

Die untersuchten Interventionen waren zur Behandlung von leichter bis mittelschwerer Hypertonie (zwei Reviews), zur Behandlung von Präeklampsie (zwei Reviews), zur Diagnose oder Vorbeugung von fetaler Gefährdung (wenn das ungeborene Kind möglicherweise nicht wohlauf ist) während des Geburtsprozesses (ein Review), zur Vorbeugung einer Frühgeburt (vier Reviews), zur Reifung oder zum Schutz der Lunge oder des Gehirns des Säuglings vor der Frühgeburt (fünf Reviews) und zur Behandlung der fetalen Gefährdung von Frühgeborenen (ein Review).

Wir fanden Evidenz von hoher Qualität, dass eine Maßnahme zur Vorbeugung von Zerebralparese wirksam war: Frühgeborene Kinder, deren Mütter vor der Geburt Magnesiumsulfat erhielten, entwickelten seltener eine Zerebralparese als Kinder, deren Mütter ein Placebo erhielten (fünf Studien, 6145 Kinder).

Wir fanden Evidenz von moderater Qualität zu zwei Interventionen, die wahrscheinlich nicht wirksam sind und Schaden verursachen könnten: (i) Säuglinge, deren Mütter bei vorzeitigen Wehen Antibiotika erhielten wenn noch kein Blasensprung vorlag, hatten ein höheres Risiko für eine Zerebralparese als Kinder, deren Mütter keine Antibiotika erhielten (eine Studie, 3173 Kinder); und (ii) Frühgeborene, die zu dem Zeitpunkt, an dem fetale Beeinträchtigung vermutet wurde, sofort entbunden wurden, hatten ein größeres Risiko für eine Zerebralparese als die Kinder, deren Geburt abgewartet wurde (eine Studie, 507 Kinder).

Wir fanden Evidenz von moderater Qualität, dass es keinen eindeutigen Unterschied in der Wahrscheinlichkeit gab, dass die Kinder eine Zerebralparese entwickeln, wenn ihre Mütter vor der Frühgeburt einen Behandlungszyklus oder mehrere Behandlungszyklen mit Kortikosteroiden erhielten (vier Studien, 3800 Kinder).

Es gab Evidenz von niedriger Qualität dazu, ob die anderen Maßnahmen eine Zerebralparese verhinderten, wahrscheinlicher machten oder keine Auswirkungen hatten. Trotzdem stellten wir fest, dass Kinder, deren Mütter Kortikosteroide zur Reifung der Lunge bei Frühgeburtlichkeit erhielten, möglicherweise seltener eine Zerebralparese entwickelten als diejenigen, deren Mütter Placebo erhielten (fünf Studien, 904 Kinder).

Was bedeutet das?

Wir identifizierten eine Intervention, die zur Vorbeugung von Zerebralparese (Magnesiumsulfat vor der Frühgeburt) wirksam war, zwei, die offenbar Schaden verursachten (vorbeugende Antibiotika bei Frauen mit vorzeitigen Wehen aber ohne Blasensprung, und eine sofortige Geburt bei Frühgeburt mit Verdacht auf fetale Beeinträchtigung), und eine, die offenbar keinen eindeutigen Unterschied macht (mehr als einen Behandlungszyklus mit Kortikosteroiden vor der Frühgeburt). Für die anderen untersuchten Interventionen gab es nicht genügend Evidenz, um zu Schlussfolgerungen zu gelangen. Weitere randomisierte kontrollierte Studien von guter Qualität, die Interventionen untersuchen, die möglicherweise Risikofaktoren für eine Zerebralparese beeinflussen könnten, und eine langfristige Nachbeobachtung zur Messung der Zerebralparese beinhalten, sind notwendig. Wir fanden über 60 weitere Cochrane Reviews, die künftig mehr Informationen liefern könnten.

Anmerkungen zur Übersetzung: 

A. Puhl, freigegeben durch Cochrane Deutschland.

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