Placeboansprechraten und -remissionsraten in randomisierten Studien zur Induktions- und Erhaltungstherapie bei Colitis ulcerosa

Was ist Colitis ulcerosa?

Colitis ulcerosa (CU) ist eine wiederkehrende, chronisch entzündliche Darmerkrankung, die meist den Dickdarm (Kolon) betrifft. Symptome umfassen Bauchschmerzen, Dringlichkeit, den Stuhlgang zu verrichten, blutige Durchfälle, Gewichtsverlust und Erschöpfung. Wenn die Symptome aufhören, gelten die Patienten als in Remission befindlich. Klinische Studien für CU sind in der Regel so konzipiert, dass sie untersuchen, ob eine medikamentöse Behandlung zu einer klinischen Antwort (eine Verbesserung von Krankheitssymptomen) oder zu einer Remission (typischerweise innerhalb acht Wochen der Behandlung gemessen) führt oder dabei hilft, eine klinische Antwort oder Remission über eine längere Zeitdauer (typischerweise nach einem Jahr der Behandlung gemessen) aufrechtzuerhalten.

Was ist der Placeboeffekt?

Der Placeboeffekt tritt auf, wenn ein Patient eine tatsächliche oder wahrgenommene Verbesserung der Gesundheit nach Erhalt einer Scheinbehandlung (nicht aktive Behandlung) erfährt. Die Faktoren, die dazu führen, sind nicht vollständig verstanden, könnten aber eher auf den psychologischen Effekt, eine Behandlung zu erhalten, zurückgeführt werden als auf die Behandlung selbst. Die Größe des Placeboeffekts und die Faktoren, die ihn beeinflussen, zu verstehen, ist wichtig, weil die Placeboansprechrate genutzt wird, um die Anzahl der Patienten zu berechnen, die gebraucht werden, wenn man eine klinische Studie für eine neue medikamentöse Behandlung entwirft. Im Idealfall versuchen die Forscher beim Entwerfen einer klinischen Studie die Größe des Placeboeffekts zu verringern, um den wahren Unterschied zwischen der aktiven medikamentösen Behandlung und der Scheinbehandlung so gut wie möglich mit der minimalen Anzahl an Patienten zu ermitteln. Das bedeutet, dass klinische Studien, welche teuer in der Durchführung sind, mit einer geringeren Anzahl an Patienten, größerer Effizienz und weniger Kosten entwickelt werden könnten und schließlich neue Medikamente schneller die Patienten erreichen.

Was haben die Wissenschaftler untersucht?

Die Wissenschaftler haben veröffentlichte, randomisierte, placebokontrollierte Studien zu CU mit verschiedenen Klassen von Medikamenten überprüft, um zu quantifizieren, wie die Placeboansprechraten insgesamt waren und wie diese Ansprechraten sich über die Zeit entwickelt haben. Sie haben außerdem untersucht, wie Faktoren im Zusammenhang mit dem Studiendesign, den Teilnehmern, Behandlungen oder Endpunkten die Placeboraten in den CU Studien beeinflusst haben. Die medizinische Literatur wurde bis zum 1. März 2017 gesucht und analysiert.

Was haben die Wissenschaftler herausgefunden?

61 Studien wurden eingeschlossen, die 58 Induktionsphasen (5111 Patienten randomisiert zu Placebo) und 12 Erhaltungsphasen (1579 Patienten randomisiert zu Placebo) ausgewertet haben. Die Wissenschaftler haben herausgefunden, dass die Placeboansprechraten und die -remissionsraten variierten, je nachdem welche Medikamentenklasse untersucht wurde und dass die höchsten Placeboansprechraten bei den Biopharmazeutika (gentechnisch hergestellte Medikamente von lebenden Organismen) beobachtet wurden. Die höchsten Placeboremissionsraten wurden bei Studien, die Aminosalicylate (eine Form von entzündungshemmenden Medikamenten) untersuchten, festgestellt. Die niedrigsten Placeboansprechraten und -remissionsraten fanden sich in Studien, die Kortikosteroide (Medikamente, die Entzündung und die Immunität unterdrücken) untersuchten. Die Anforderung eines Mindest-Punktwertes für Rektumblutungen für den Einschluss in die Studie war mit einer gesteigerten Placeboansprechrate im Vergleich zu Studien, die Rektumblutungen nicht als Einschlusskriterium nutzten, assoziiert. Der Zeitpunkt der Messung des primären Endpunkts war signifikant mit den Placeboremissionsraten assoziiert, in der Form, dass jeder Zuwachs um eine Woche in der Endpunkterfassung mit einem Anstieg der Placeboremissionsrate assoziiert war. Es gab verschiedene Charakteristika des Studiendesigns, die mit niedrigeren Placeboansprechraten und -remissionsraten assoziiert waren. Eine wesentliches Ergebnis war, dass Studien, die Teilnehmer mit einer schwereren endoskopischen Krankheit (z. B. Entzündung des Kolons, die durch eine Kolonoskopie bestätigt ist) bei Studienbeginn einschlossen, mit niedrigeren Placeboansprechraten und -remissionsraten assoziiert waren, was die Wichtigkeit verdeutlicht, objektiv sicherzustellen, dass Patienten, die in CU Studien eingeschlossen werden, einen ausreichenden Schweregrad der Krankheit aufweisen. Eine Krankheitsdauer von mehr als fünf Jahren vor Studieneinschluss war mit einer signifikant niedrigeren Placeboansprechrate assoziiert im Vergleich zu einer Krankheitsdauer von weniger oder gleich fünf Jahren. Die Wissenschaftler haben auch herausgefunden, dass die Placeboraten zwischen 2008 und 2015 stabil geblieben sind.

Zusammenfassend variieren Placeboansprechraten und -remissionsraten je nach endoskopischem Schweregrad der Krankheit, dem Punktwert zu Rektumblutungen bei Studienbeginn, der Medikamentenklasse, der Krankheitsdauer und dem Zeitpunkt, zu dem der primäre Endpunkt gemessen wurde. Die gesamten Ergebnisse werden Wissenschaftlern, die Studien durchführen, dabei helfen, ihre Studien zu entwerfen, die Anzahl an Patienten zu bestimmen, die für die geplanten Studien benötigt werden und werden außerdem wichtige Informationen zu Studiendesigncharakteristika liefern, die bei der Planung neuer Studien berücksichtigt werden sollten.

Anmerkungen zur Übersetzung: 

J. Metzing, freigegeben durch Cochrane Deutschland

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