Zeitlich abgestimmter Geschlechtsverkehr für Paare mit Kinderwunsch

Fragestellung des Reviews

Wir haben die Evidenz zur Wirkung von zeitlich abgestimmtem Geschlechtsverkehr (mit Ovulationsvorhersage) bei Paaren, die versuchen, schwanger zu werden, im Vergleich zu Geschlechtsverkehr ohne Ovulationsvorhersage zusammengestellt.

Hintergrund

Viele Paare haben Schwierigkeiten, schwanger zu werden, und fürchten, unfruchtbar zu sein. In jedem Zyklus ist eine Frau etwa fünf Tage vor dem Eisprung (Freisetzung der Eizelle) bis einige Stunden nach dem Eisprung fruchtbar, da die Überlebenszeit von Spermien und Eizellen begrenzt ist. Die Ermittlung dieser fruchtbaren Phase im Zyklus einer Frau, um den passenden Zeitpunkt für Geschlechtsverkehr zu bestimmen, könnte daher die Empfängnisrate (Schwangerschaftsrate) verbessern. Dies könnte unnötige medizinische Untersuchungen und Kosten für daran anschließende Unfruchtbarkeitsbehandlungen reduzieren, aber auch unerwünschte Ereignisse wie Stress verursachen. Die fruchtbare Zeit kann mit verschiedenen Methoden ermittelt werden, z. B. mit Urin-Ovulationstests, die Veränderungen der ausgeschütteten Hormone im Urin feststellen können und so den Zeitpunkt des Eisprungs anzeigen, mit Methoden, die auf der natürlichen Familienplanung beruhen (z. B. Kalendermethode, Überwachung von Veränderungen der Gebärmutterhalsflüssigkeit und der Körpertemperatur), oder mit Ultraschalluntersuchungen, die ermitteln, wann die Eizelle freigesetzt wird. Ziel dieses Reviews war es, Nutzen und Risiken von zeitlich abgestimmtem Geschlechtsverkehr in Bezug auf Schwangerschaft, Lebendgeburten, negative Auswirkungen und Lebensqualität bei Paaren, die versuchen, schwanger zu werden, zu ermitteln.

Studienmerkmale

Wir fanden sieben randomisierte kontrollierte Studien (Studien, bei der die Teilnehmerinnen nach dem Zufallsprinzip einer von zwei oder mehr Behandlungsgruppen zugewiesen werden), in denen bei 2464 Frauen, die versuchen, schwanger zu werden, zeitlich abgestimmter Geschlechtsverkehr mit Geschlechtsverkehr ohne Ovulationsvorhersage verglichen wurde. Die Evidenz ist auf dem Stand von Januar 2023.

Hauptergebnisse

Für diese Aktualisierung haben wir drei neue Studien eingeschlossen. Die neu aufgenommenen Studien stärken unser Vertrauen in die Wirkung von Ovulationstests bei Paaren, die versuchen, schwanger zu werden.

Wir kommen zu dem Schluss, dass der Zeitpunkt des Geschlechtsverkehrs um die fruchtbare Phase, die mit Urin-Ovulationstests ermittelt wurde, wahrscheinlich die Chance auf eine Schwangerschaft und eine Lebendgeburt im Vergleich zum Geschlechtsverkehr ohne Ovulationsvorhersage erhöht. Das gilt für Frauen unter 40 Jahren, die seit weniger als 12 Monaten versuchen, schwanger zu werden. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass, wenn die Wahrscheinlichkeit einer Schwangerschaft nach Geschlechtsverkehr ohne Urin-Ovulationstest 18 % beträgt, die Wahrscheinlichkeit nach zeitlich abgestimmtem Geschlechtsverkehr mit Urin-Ovulationsnachweis 20 % bis 28 % betragen würde. Wenn die Chance auf eine Lebendgeburt ohne Urin-Ovulationsvorhersage 16 % beträgt, liegt die Chance auf eine Lebendgeburt mit Urin-Ovulationsvorhersage bei 16 % bis 28 %. Da jedoch viele der Studien von den Herstellern der Urin-Ovulationstests finanziert wurden, sollten die Ergebnisse mit Vorsicht interpretiert werden. Es gibt keine ausreichende Evidenz zu Auswirkungen von zeitlich abgestimmtem Geschlechtsverkehr auf die klinische Schwangerschaftsrate (durch Ultraschall bestätigte Schwangerschaft), auf unerwünschte Ereignisse wie Stress und auf die Lebensqualität. Aufgrund der begrenzten Datenlage sind wir uns nicht sicher, wie sich Methoden der natürlichen Familienplanung bei zeitlich abgestimmtem Geschlechtsverkehr im Vergleich zu Geschlechtsverkehr ohne Ovulationsvorhersage auf die Schwangerschaftsrate, unerwünschte Wirkungen und die Lebensqualität auswirken.

Vertrauenswürdigkeit der Evidenz

Die Vertrauenswürdigkeit der Evidenz reichte von moderat bis sehr niedrig. Weitere Studien in diesem Bereich sind erforderlich. Die wichtigsten Limitationen der Evidenz waren die geringe Anzahl der eingeschlossenen Studien, kleine Studiengrößen und das Risiko für Verzerrungen, da viele der Studien von Herstellern der Ovulationstests finanziert wurden. Daher sollten die Ergebnisse mit Vorsicht interpretiert werden. Künftige Studien könnten unsere Schlussfolgerungen ändern.

Anmerkungen zur Übersetzung: 

T. Brugger, B. Schindler, freigegeben durch Cochrane Deutschland

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