Restriktive oder liberale Strategien der Erythrozytentransfusion bei Personen mit Blutkrebs

Fragestellung

Ziel war die Untersuchung von Nutzen und Schaden einer restriktiven Strategie der Erythrozytentransfusion im Vergleich zu einer liberalen Transfusionstrategie bei Personen mit Blutkrebs (z.B. Leukämie, Lymphom, Myelom), die intensive Behandlungen für ihre Krankheit erhalten haben (Chemotherapie oder Stammzelltransplantation).

Hintergrund

Personen mit Blutkrebs leiden aufgrund der vorliegenden Krebserkrankung oder der Behandlungsform (Chemotherapy oder Stammzelltransplantation) häufig an Blutarmut (niedriger Hämoglobinspiegel). Hämoglobin ist der Stoff in roten Blutkörperchen, der für den Sauerstofftransport im Körper zuständig ist.

Eine Erythrozytentransfusion wird verabreicht, um den Hämoglobinspiegel zu erhöhen, Symptomen einer Blutarmut vorzubeugen, oder um die Symptome einer Blutarmut zu behandeln. Eine Entscheidung zur Erythrozytentransfusion, sollte die Vorteile mit den möglichen Risiken abwägen (z.B. Ausschlag, Fieber, Schüttelfrost, Entwicklung von Atemproblemen). Diese Reaktionen verlaufen in der Regel mild und sind leicht zu behandeln. Schwere Reaktionen bei Erythrozytentransfusionen sind hingegen extrem selten. In Ländern mit hohem Einkommen ist die Wahrscheinlichkeit eine Infektion durch eine Erythrozytentransfusion zu bekommen sehr gering, wohingegen das Risiko in Ländern mit niedrigem Einkommen sehr viel höher ist. Die Notwendigkeit einer Erythrozytentransfusion wird üblicherweise am Hämoglobinwert festgemacht. Bei Personen mit anderen Erkrankungen, wird eine Transfusion in der Regel ab einer Absenkung des Hämoglobinwerts auf etwa 70 g/L bis 80 g/L gegeben (restriktive Transfusionsstrategie). Personen mit Blutkrebs könnten von einem höheren Hämoglobinwert (100 g/L bis 120 g/L, liberale Transfusionsstrategie) profitieren, da sie dadurch eine geringe Blutungsneigung und eine verbesserte Lebensqualität haben könnten. Für Personen, die operiert werden oder Personen auf Intensivstationen, hat sich eine restriktive Transfusionsstrategie als ebenso sicher erwiesen, oder sogar sicherer, als eine liberale Transfusionsstrategie.

Studienmerkmale

Wir haben nach randomisierten Studien und prospektiven, nicht-randomisierten Studien gesucht. Sechs Studien erfüllten unsere Einschlusskriterien, vier sind abgeschlossen und zwei sind noch nicht abgeschlossen. Eine weitere Studie wir noch klassifiziert. Die abgeschlossenen Studien wurden zwischen 1997 und 2015 durchgeführt und umfassten 240 Teilnehmer. Eine Studie schloss Kinder ein, die eine Stammzelltransplantation empfangen haben und wurde schon früh aufgrund von Sicherheitsbedenken gestoppt (sechs Kinder). Die anderen drei Studien umfassten nur Erwachsene, von denen 218 aufgrund akuter Leukämie eine Chemotherapie erhielten und 16 mit Blutkrebs eine Stammzelltransplantation empfingen. Bei drei Studien handelte es sich um randomisierte kontrollierte Studien, bei der Vierten um eine nicht-randomisierte Studie. Die Hämoglobin-Schwelle der restriktiven Strategien variierte über die Studien hinweg.

Die Finanzierungsquellen wurden in allen vier Studien angegeben. Eine Studie war industriegefördert.

Hauptergebnisse

Die Evidenz ist auf dem Stand von Juni 2016 und schließt hauptsächlich Erwachsene mit akuter Leukämie ein, die eine Chemotherapie durchlaufen.

Eine restriktive Erythrozytentransfusions-Richtlinie könnte die Gesamtzahl der Erythrozytentransfusionen für ein Individuum reduzieren.

Eine restriktive Richtlinie der Erythrozytentransfusion hat wenig oder keinen Einfluss darauf, ob: ein Individuum eine Erythrozytentransfusion erhält; Tod durch jedwede Ursache eintritt; Blutungen auftreten; oder ein Krankenhausaufenthalt notwendig wird.

Wir sind nicht sicher, ob sich eine restriktive Richtlinie der Erythrozytentransfusion auf die Lebensqualität oder auf das Risiko zur Entwicklung einer schweren Infektion auswirkt.

Es wurden keine Studien gefunden zu: Nebenwirkungen von Transfusionen; Entwicklung von Blutgerinnseln; Dauer des Aufenthalts auf der Intensivstation; oder zur Notwendigkeit der Wiederaufnahme in ein Krankenhaus.

Zwei laufende Studien (mit einer geplanten Rekrutierung von 530 Erwachsenen), sollen bis zum Januar 2018 abgeschlossen sein und werden zusätzliche Informationen für Erwachsene mit Blutkrebs liefern. Es gibt keine laufenden Studien für Kinder.

Qualität der Evidenz

Die Gesamtqualität der Evidenz war sehr niedrig bis niedrig, da die eingeschlossenen Studien ein erhebliches Risiko für Bias hatten, die Schätzungen ungenau waren und die meiste Evidenz nur für Erwachsene mit akuter Leukämie vorlag.

Anmerkungen zur Übersetzung: 

O. Gorka, freigegeben durch Cochrane Deutschland.

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