Sondenernährung bei Patienten mit akuter Pankreatitis

Fragestellung

Dieser systematische Review zielt darauf ab, verschiedene enterale Ernährungsrezepturen in der Behandlung von Patienten mit akuter Pankreatitis hinsichtlich ihrer positiven und negativen Wirkung zu untersuchen. Darüber hinaus soll aufgezeigt werden, welche Vor-und Nachteile bestimmte Arten enteraler Ernährung im Vergleich untereinander haben. Enterale Ernährung besteht aus vollwertiger künstlicher Ernährung in flüssiger Form, welche über den Darm aufgenommen wird.

Die Autoren dieses Reviews führten eine Recherche in der verfügbaren Literatur bis August 2013 durch, um Studien zu finden, die die verschiedenen Arten enteraler Ernährungsrezepturen bei Patienten mit akuter Pankreatitis, verglichen. Wir schlossen nur randomisierte klinische Studien ein, da diese Studien, wenn sie sachgerecht geplant und durchgeführt werden, den höchsten methodischen Standard in der klinischen Forschung darstellen.

Hintergrund

Eine akute Pankreatitis ist eine entzündliche Erkrankung des Pankreas - einer Drüse, die in der unteren Bauchregion lokalisiert ist und beim Verdauungsprozess involviert ist. Die Hauptursachen für eine akute Pankreatitis sind Gallensteinerkrankungen und übermäßiger Alkoholkonsum. Unterschiedliche Faktoren könnten die Verdauungsenzyme des Pankreas in der Drüse selbst aktivieren, was Gewebeschäden sowie beträchtliche Entzündung verursacht. Dies kann möglicherweise zu weiteren Schädigungen führen und in weiterer Folge Schäden im Blutkreislauf, der Nieren und/oder Lungen verursachen und schließlich zum Tod führen.

Trotz Fortschritten ist die Sterblichkeit bei einer schweren akuten Pankreatitis nicht gesunken und derzeit ist keine spezifische Behandlung verfügbar. Die enterale Ernährung hat sich als wirksamer als die totale parenterale Ernährung (keine orale Aufnahme, dafür intravenöse Verabreichung von Nährstoffen), zur Reduktion von Organversagen, infektiösen Komplikationen und der Sterblichkeit, erwiesen. Die enterale Ernährung ist zur Umgehung des Magens vorgesehen und wird demnach durch eine Magensonde, die durch die Nase, den Rachen und den Bauch in den mittleren Teil des Dünndarms eingeführt wird, verabreicht. Viele Arten von enteralen Ernährungsrezepturen sind verfügbar; dennoch hat bisher kein systematisches Review die Rezepturen untereinander, in Bezug auf möglichen Nutzen oder Schaden, beurteilt.

Studienmerkmale

Wir schlossen 15 Studien mit insgesamt 1376 Teilnehmern ein. Bei zwei Studien wurden mehr als zwei Studiengruppen mit unterschiedlichen enteralen Ernährungsrezepturen verglichen. Sechs Studien verglichen Immunonutrition (enterale Ernährung mit Inhaltsstoffen die möglicherweise fähig sind die Immunantwort zu verändern) mit einer Kontrollintervention (andere enterale Ernährung, Scheinintervention (Placebo), oder keine Behandlung) und sechs Studien untersuchten mit Probiotika angereicherte enterale Ernährung (lebende Bakterien oder Hefepilze, die Bakterien im Verdauungstrakt ersetzen oder nützliche Bakterien ergänzen). In zwei Studien wurde die Verwendung von halbelementaren Rezepturen untersucht. Dies sind Arten von enteraler Ernährung bei denen Nährstoffe in kleinere Teilchen zerlegt werden. Zwei Studien untersuchten mit Ballaststoffen angereicherte enterale Ernährung. Diese könnte das Wachstum von Mikroorganismen im Darm stimulieren. In nur einer Studie wurde die Immunonutrition, angereichert mit Probiotika und Ballaststoffen, mit einer Kontrollintervention verglichen.

Hauptergebnisse

Durch Immunonutrition zeigte sich im Vergleich zu einer Kontrollintervention eine Reduktion der Gesamtsterblichkeit. Werden jedoch nur bestimmte Arten der enteralen Ernährung verglichen, kann diese Wirkung nicht bestätigt werden. Die verfügbare Evidenz bestätigt die Alltagswirksamkeit von Probiotika bei einer akuten Pankreatitis nicht. Die eine Studie, die diesen Vergleich durchführte, berichtete von einer hohen Rate an schwerwiegenden, unerwünschten Ereignissen, und folglich einem häufigeren Auftreten von Organversagen und einer höheren Sterblichkeitsrate. Wurde diese Studie ausschlossen, zeigten die Ergebnisse eine Verringerung der Sterblichkeit, sowie eine Verringerung von organischen Funktionsstörungen und pankreatischen, infektiösen Komplikationen. Diese Evidenz ist jedoch von niedriger bis sehr niedriger Qualität. Mit Ballaststoffen angereicherte Rezepturen hatten eine nutzbringende Wirkung in Bezug auf die Reduktion nicht-infektiöser lokaler Komplikationen und eine Verkürzung des Krankenhausaufenthaltes. Für halbelementare Rezepturen und Immunonutrition, angereichert mit Probiotika und Ballaststoffen, konnte keine Wirkung bestätigt werden. Aufgrund des Mangels an Daten lassen diese Ergebnisse keine eindeutigen Schlüsse zu. Jegliche Art von enteraler Ernährung im Vergleich zu keiner Maßnahme, zeigte eine nutzbringende Wirkung auf die Gesamtmortalität. Insgesamt, kam es durch enterale Ernährung zu einer eher kleinen Zahl an leichten unerwünschten Ereignissen (meistens Übelkeit, Erbrechen, Blähungen, Durchfall, Schmerzschüben und höhere serologische Natriumkonzentrationen), welche nicht die Entwöhnung von der Sondenernährung erforderten. Wir können uns nicht sicher sein, dass die enterale Ernährung bei dieser Population ungefährlich ist, da die Qualität der Evidenz für Endpunkte unerwünschter Ereignisse niedrig ist.

Qualität der Evidenz

Alle eingeschlossenen Studien wurden mit einem hohen Risiko für Bias bewertet. Meistens aufgrund mangelnder Informationen zur Beurteilung bestimmter Studiendesignmerkmale; aber auch aufgrund gewisser Mängel in der Art und Weise wie die Studien geplant und durchgeführt wurden. Die Qualität der Evidenz des gesamten Reviews wird als niedrig bis sehr niedrig angesehen, hauptsächlich aufgrund der relativ kleinen Anzahl an eingeschlossenen Studienteilnehmern und der geringen Anzahl untersuchter unerwünschter Ereignisse. Die Studienergebnisse könnten mit systematischen und zufälligen Fehlern behaftet sein.

Anmerkungen zur Übersetzung: 

D. Schoberer, freigegeben durch Cochrane Deutschland.

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