Laparoskopische und Roboter-assistierte versus offene radikale Prostatektomie zur Therapie des lokal begrenzten Prostatakarzinoms

Fragestellung
Vergleich von laparoskopischer und Roboter-assistierter laparoskopischer Operation bei der Behandlung von Männern mit Prostatakrebs

Hintergrund
Prostatakrebs ist ein häufig auftretender Krebs bei Männern und wird oft durch die chirurgische Entfernung der Prostata behandelt. Üblicherweise machten Chirurgen einen Einschnitt im unteren Bauchbereich zur Entfernung der Prostata. Diese Vorgehensweise heißt offene radikale Prostatektomie (ORP). In letzter Zeit begannen Chirurgen damit, die gleiche Operation mit anderen Methoden durchzuführen. Laparoskopische radikale Prostatektomie (LRP) erlaubt Chirurgen, durch kleine Schnitte mit langen Instrumenten und einer winzigen Kamera innerhalb des Patienten zu arbeiten. Laparoskopische Operationen können mithilfe eines robotischen Geräts durchgeführt werden, das dem Chirurgen eine vergrößerte, dreidimensionale Sicht und die Möglichkeit, an einer Konsole und nicht direkt am Patienten zu arbeiten, bietet. Diese Vorgehensweise heißt Roboter-assistierte radikale Prostatektomie (RARP). Es ist unklar, ob die neueren LRP und RARP Ansätze besser für die Patienten sind.

Studienmerkmale
Dieser Review identifizierte zwei randomisierte kontrollierte Studien an 446 Männern mit Prostatakrebs, mit einem durchschnittlichen Alter von etwa 60 Jahren, die LRP oder RARP mit ORP verglichen.

Hauptergebnisse
Wir fanden keine Evidenz zum Vergleich von LRP oder RARP mit ORP bezüglich der Verringerung des Risikos, an Prostatakrebs oder durch eine andere Ursache zu sterben oder den Krebs daran zu hindern, zurückzukehren. Die Lebensqualität der Männer war, bezogen auf ihre Kontinenz und Sexualfunktion, wahrscheinlich ähnlich. Es scheint keine Unterschiede bei postoperativen chirurgischen Komplikationen zu geben. LRP oder RARP könnten eine kleine, möglicherweise unwichtige Wirkung auf postoperative Schmerzen nach einem Tag und bis zu einer Woche haben. Es wurde jedoch kein Unterschied zwischen RARP und ORP 12 Wochen nach der Operation gefunden. Männer mit LRP oder RARP haben wahrscheinlich einen kürzeren Krankenhausaufenthalt und brauchen möglicherweise weniger Bluttransfusionen.

Qualität der Evidenz
Wir fanden keine Evidenz aus den Studien zu einem Krebs-Endpunkt. Die Evidenz zur Lebensqualität war moderat; jene für gesamte und schwere chirurgische Komplikationen waren von niedriger Qualität. Die Evidenz für postoperative Schmerzen war von niedriger (bis zu einer Woche) und moderater (bei 12 Wochen) Qualität. Die Qualität der Evidenz für die Dauer des Krankenhausaufenthalts und Bluttransfusionen war jeweils moderat und niedrig. Zusammengefasst war die Evidenz für die meisten Endpunkte von niedriger bis moderater Qualität. Das bedeutet, dass unsere Schätzungen der Wahrheit wahrscheinlich nahe kommen, es aber auch die Möglichkeit gibt, dass sie sich unterscheiden.

Schlussfolgerungen der Autoren: 

Im Hinblick auf die onkologischen Endpunkte gibt es keine Evidenz von hoher Qualität, um die Wirksamkeit von LRP oder RARP mit der ORP zu vergleichen. Kontinenz und Sexualfunktion erscheinen im Hinblick auf die Lebensqualität ähnlich.

Die Raten der gesamten und schweren postoperativen Komplikationen erscheinen ähnlich. Der Unterschied in den postoperativen Schmerzen ist möglicherweise minimal. Männer, die sich laparoskopisch oder Roboter-assistiert operieren lassen, könnten einen kürzeren Krankenhausaufenthalt haben und weniger Bluttransfusionen erhalten. Alle verfügbaren Daten zu den Endpunkten waren nur kurzzeitig und dieser Studie war nicht geeignet, um die Anzahl der Operationen oder die Erfahrung des Operateurs zu berücksichtigen.

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Hintergrund: 

Prostatakrebs wird bei Männern weltweit häufig diagnostiziert. Die Operation in Form der radikalen Prostatektomie ist eine der wichtigsten Therapieoptionen für Männer mit lokal begrenztem Prostatakarzinom. Die Prostatektomie wurde traditionell als eine offene Operation durchgeführt, typischerweise mittels retropubischem Zugangsweg. Mit dem Aufkommen des laparoskopischen Zugangswegs, den Roboter-assistierten miteingeschlossen, kam eine minimal invasive Alternative zur offenen radikalen Prostatektomie (ORP) hinzu.

Zielsetzungen: 

Ziel ist es, die Wirkungen der laparoskopischen, radikalen oder Roboter-assistierten radikalen Prostatektomie im Vergleich zur offenen radikalen Prostatektomie bei Männern mit lokal begrenztem Prostatakarzinom zu bewerten.

Suchstrategie: 

Wir nahmen bis zum 9. Juni 2017 eine umfassende Suche vor, die mehrere Datenbanken (CENTRAL; MEDLINE, EMBASE) und Zusammenfassungen/Kurzfassungen beinhaltete, unabhängig von der Sprache oder dem Status der Publikation. Wir haben auch Literaturverzeichnisse der eingeschlossenen Studien sowie Tagungsberichte/Konferenzbeiträge durchsucht.

Auswahlkriterien: 

Wir schlossen alle randomisierten kontrollierten Studien (RCT) mit einem direkten Vergleich von laparoskopischer (LRP) und Roboter-assistierter radikaler Prostatektomie (RARP) mit offener radikaler Prostatektomie ein, inklusive pseudo-randomisierte Studien.

Datensammlung und ‐analyse: 

Zwei Review-Autoren klassifizierten unabhängig voneinander die Studien und extrahierten Daten. Als primäre Endpunkte wurden das Prostatakarzinom-spezifische Überleben, die Kontinenz und die Sexualfunktion, beides mittels Lebensqualität festgelegt. Sekundäre Endpunkte waren das biochemische Rezidiv-freie Überleben, das Gesamtüberleben, die gesamten operativen und die schweren postoperativen Komplikationen, postoperative Schmerzen, Länge des Krankenhausaufenthalts und Bluttransfusionen. Die statistischen Analysen wurden mittels Random Effects Modell durchgeführt und die Qualität der Evidenz anhand der GRADE Klassifikation bewertet.

Hauptergebnisse: 

Wir schlossen zwei eindeutige Studien mit 446 randomisierten Teilnehmern mit klinisch lokalisiertem Prostatakarzinom ein. Das durchschnittliche Alter der Teilnehmer lag bei 61,3 Jahren, das durchschnittliche Prostatavolumen betrug 49,78 ml und das Prostata-spezifische Antigen (PSA) durchschnittlich 7,09 ng/ml.

Primäre Endpunkte
Wir fanden keine Studie, die das Prostatakarzinom-spezifische Überleben als Endpunkt festgelegt hat. Basierend auf den Daten einer Studie ergibt sich, dass die RARP zu kleinen bis keinen Unterschieden in der Lebensqualität bezüglich Kontinenz (MD -1,30; 95% KI -4,65 - 2,05) und Sexualfunktion (SD 3,90; 95% KI -1,84 - 9,64) führt. Wir bewerteten die Qualität der Evidenz als moderat für beide Endpunkte der Lebensqualität, abgewertet aufgrund von Einschränkungen in der Studie.

Sekundäre Endpunkte
Wir fanden keine Studie, die sich mit den Endpunkten des biochemischen Rezidiv-freien Überlebens oder Gesamtüberlebens befasst hat.

Basierend auf einer Studie könnte sich bei den Ergebnissen zur RARP wenig bis kein Unterschied in den gesamten operativen Komplikationen (RR 0,41, 95% KI 0,16 - 1,04) oder schwere postoperative Komplikationen (RR 0,16, 95% KI 0,02 - 1,32) ergeben. Wir bewerteten die Qualität der Evidenz als niedrig für diese operativen Komplikationen, abgewertet aufgrund der Einschränkungen in den Studien und fehlender Präzision.

Basierend auf zwei Studien könnte die LRP oder die RARP in einer kleinen, möglicherweise unwichtigen Verbesserung der postoperativen Schmerzen am ersten Tag (MD -1,05; 95% KI -1,42 - -0,68) bis hin zu einer Woche (MD -0,78; 95% KI -1,40 - -0,17) resultieren. Wir bewerteten die Qualität der Evidenz für beide Zeitpunkte als niedrig, abgewertet aufgrund von Einschränkungen in den Studien und fehlender Präzision. Beruhend auf einer Studie gibt es für die RARP wahrscheinlich einen geringen bis gar keinen Unterschied in den postoperativen Schmerzen nach 12 Wochen (MD 0,01; 95% KI -0,32 - 0,34). Wir bewerteten die Qualität der Evidenz als moderat, abgewertet durch die Einschränkungen in der Studie.

Gemäß einer Studie reduziert die RARP wahrscheinlich die Länge des Krankenhausaufenthaltes (MD -1,72, 95% KI -2,19 - -1,25). Wir bewerteten die Qualität der Evidenz als moderat, herabgestuft aufgrund von Einschränkungen in der Studie.

Basierend auf zwei Studien könnte die LRP oder RARP die Häufigkeit von Bluttransfusionen reduzieren (RR 0,24, 95% KI 0,12 - 0,46). Angenommen, das Grundrisiko für eine Bluttransfusion sei 8,9%, dann würde die LRP oder RARP in 68 Bluttransfusionen weniger pro 1.000 Männer resultieren (95%KI 78 weniger bis 48 weniger). Wir bewerteten die Qualität der Evidenz als niedrig, abgewertet aufgrund von Einschränkungen in den Studien und Indirektheit.

Auf Basis der verfügbaren Evidenz sahen wir uns nicht in der Lage, eine der zuvor festgelegten sekundären Analysen durchzuführen. Alle verfügbaren Daten zu den Endpunkten wurden nur über einen kurzen Zeitraum erhoben. Uns war es nicht möglich, die Anzahl der Operationen und die Erfahrung des Operateurs zu berücksichtigen.

Anmerkungen zur Übersetzung: 

S. Schmidt, freigegeben durch Cochrane Deutschland.

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