Nachtlagerungsschienen für Kinder mit infantiler Zerebralparese

Hintergrund

Zahlreiche Kinder mit infantiler Zerebralparese sind von einer Hüftluxation (wenn das obere Ende des Oberschenkelknochens sich langsam vom Beckenknochen wegbewegt und ein Kontaktverlust entsteht) betroffen, die häufig mit Schmerzen einhergeht. Kindern mit infantiler Zerebralparese werden in manchen Fällen, insbesondere bei Gehunfähigkeit, Hilfen empfohlen, die eine Schlafposition herbeiführen, die Hüftluxationen vermindern oder vorbeugen. Diese Lagerungshilfen werden als „Nachtlagerungsschienen“ bezeichnet und können zusammen mit weiteren Hilfsmitteln zur Haltungsstabilisierung tagsüber beim Sitzen und/oder Stehen verschrieben werden. Diese Hilfsmittel werden zusammengefasst als 24-Stunden-Programme zur Haltungsstabilisierung bezeichnet.

Angehörige und Fachpersonen im Gesundheitswesen benötigen Informationen über die Wirksamkeit von Nachtlagerungsschienen, um Entscheidungen über deren Einsatz zu erleichtern.

Fragestellung

Ziel dieses Reviews war die Recherche nach stichhaltiger Evidenz aus randomisierten kontrollierten Studien, in denen die Wirksamkeit von Nachtlagerungsschienen für Kinder mit infantiler Zerebralparese bewertet wird. Randomisierte kontrollierte Studien werden mit zwei Personengruppen durchgeführt; die eine Gruppe erhält die Behandlung (experimentelle Gruppe), die andere Gruppe erhält diese nicht (Kontrollgruppe). Anschließend werden die Ergebnisse miteinander verglichen. Um die Vergleichbarkeit zu gewährleisten, erfolgt die Gruppenzuteilung zufällig (randomisiert), sodass etwaige Unterschiede in den Ergebnissen auf die Behandlung zurückzuführen sind (Definition: INVOLVE Jargon Buster).

Studienmerkmale

Wir führten eine umfassende Suche nach Studien durch. Die Evidenz ist auf dem Stand von Dezember 2014.

Hauptergebnisse

Es konnten keine randomisierten kontrollierten Studien zur Bewertung der Alltagswirksamkeit von Nachtlagerungsschienen bei der Verminderung oder Vorbeugung von Hüftluxationen gefunden werden.

In zwei kleinen randomisierten kontrollierten Studien wurde die Schlafqualität von Kindern mit oder ohne Nachtlagerungsschiene verglichen. In einer dieser Studien wurden auch auftretende Schmerzen mit oder ohne Verwendung der Nachtlagerungsschiene untersucht. Diese Studien waren als Cross-Over-Studien angelegt (in Cross-over Studien wird die Wirksamkeit zweier Behandlungsformen verglichen, indem diese zeitlich versetzt den gleichen Probanden verabreicht werden). Die teilnehmenden Kinder verbrachten für diese Studie einige Nächte in ihrer Nachtlagerungsschiene und dann einige Nächte ohne diese, oder in umgekehrter Reihenfolge. Die Reihenfolge, ob zuerst mit oder ohne die Schiene geschlafen wurde, war randomisiert.

An den Studien nahmen 21 Kinder mit infantiler Zerebralparese zwischen 5 und 16 Jahren teil, die daran gewöhnt waren, in Nachtlagerungsschienen zu schlafen. Eine der Studien wurde in einem Schlaflabor durchgeführt, bei der zweiten Studie schliefen die Kinder zu Hause. In keiner der beiden Studien wurden Unterschiede in der Schlafqualität oder im Auftreten von Schmerzen festgestellt, egal ob die Nachtlagerungsschiene verwendet wurde oder nicht. Diese Ergebnisse sind mit Vorsicht zu interpretieren, da in den Studien nur wenige Kinder untersucht wurden und diese bereits an den Gebrauch der Nachtlagerungsschienen gewöhnt waren. Darüber hinaus wiesen die Studien diverse Schwächen im Studienaufbau und ihrer Darstellung auf.

Qualität der Evidenz

Die Qualität der derzeit verfügbaren Evidenz zur Wirksamkeit von Nachtlagerungsschienen bei Kindern mit infantiler Zerebralparese ist sehr niedrig. Es besteht Bedarf an weiteren soliden Forschungsprojekten, um Angehörige und Fachpersonen im Gesundheitswesen dabei zu unterstützen, fundierte Entscheidungen für oder gegen den Einsatz dieser Hilfsmittel zu treffen.

Anmerkungen zur Übersetzung: 

I. Noack, freigegeben durch Cochrane Schweiz.

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