Psychosoziale Interventionen bei erektiler Dysfunktion

Schlussfolgerungen der Autoren: 

Es gibt Evidenz dafür, dass Gruppen-Psychotherapie die ED verbessert. Das Therapieansprechen variierte innerhalb der Subgruppen, wobei die sexualmedizinische Gruppentherapie im Vergleich zur Kontrollgruppe, die keinerlei Therapie erhielt, die größte Wirkung aufwies. Eine Meta-Analyse, welche Sildenafil-Citrat und Psychotherapie mit Sildenafil-Monotherapie verglich, zeigte, dass die ED-Patienten, die beides erhielten, eine signifikante Verbesserung der Sexualfunktion aufzeigten und es seltener zum Therapieabbruch kam. Die Psychotherapie verbesserte ebenfalls signifikant die ED im Vergleich zu Sildenafil-Citrat alleine. Im Vergleich zu anderen Techniken, wie Vakuum-Pumpe und lokale Injektion, war keine Differenz der Alltagswirksamkeit zu psychosozialen Interventionen zu erkennen.

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Hintergrund: 

Die uneingeschränkte Sexualfunktion ist ein biopsychosozialer Prozess und basiert auf der Koordination von psychologischen, endokrinen, vaskulären und neurologischen Faktoren. Die jüngsten Daten zeigen, dass psychologische Faktoren an der Entstehung von erektilen Dysfunktionen (ED) alleinig oder in Kombination mit organischen Ursachen beteiligt sind. Während Fortschritte im Bereich der somatischen Ursachenforschung der ED zu verzeichnen sind, ist die Literatur bezüglich der Relevanz der Psychotherapie in der ED-Behandlung widersprüchlich.

Zielsetzungen: 

Die Bewertung der Alltagswirksamkeit von psychosozialen Interventionen zur Behandlung der ED im Vergleich zur oralen Medikation, lokaler Injektion, Vakuum-Pumpe oder anderen psychosozialen Interventionen, die in den Bereich Psychoedukation oder Psychotherapie inkludiert werden können.

Suchstrategie: 

Folgende Datenbanken wurden durchsucht, um randomisierte oder quasi-randomisierte kontrollierte Studien zu identifizieren: MEDLINE (1966 bis 2007), EMBASE (1980 bis 2007), psycINFO (1974 bis 2007), LILACS (1980 bis 2007), Abstracts von Dissertationen (2007) und das Cochrane Central Register of Controlled Trials (CENTRAL) (2007). Neben dieser elektronischen Suche wurden die Referenzlisten der identifizierten Studien durchgesehen und es wurde der erste Autor aller eingeschlossenen Studien kontaktiert, um Daten zu anderen veröffentlichten oder unveröffentlichten Studien zu erhalten. Die Suchstrategie wurde vervollständigt durch Handsuche des International Journal of Impotence Research and Journal of Sex and Marital Therapy (seit Erstausgabe) und der Kontakt zu wissenschaftlichen Fachgesellschaften für ED wurde hergestellt.

Auswahlkriterien: 

Alle relevanten randomisierten und quasi-randomisierten kontrollierten Studien, die psychosoziale Interventionen für ED untersuchen, wurden eingeschlossen.

Datensammlung und ‐analyse: 

Die Review-Autoren überprüften unabhängig voneinander die mit der Suchstrategie gefundenen Studien, extrahierten Daten, bewerteten die Studienqualität, und analysierten die Ergebnisse. Bei kategorischen Endpunkten wurde das gepoolte relative Risiko (RR) berechnet und für kontinuierliche Endpunkte die Differenz der Mittelwerte. Die statistische Heterogenität wurde ebenfalls untersucht.

Hauptergebnisse: 

Neun randomisierte (Banner 2000; Baum 2000; Goldman 1990; Kilmann 1987; Kockott 1975; Melnik 2005; Munjack 1984; Price 1981; Wylie 2003) und zwei quasi-randomisierte Studien (Ansari 1976; Van Der Windt 2002), die 398 Patienten mit ED involvierten (141 in einer Psychotherapie-Gruppe, 109 mit Medikation, 68 mit Psychotherapie und Medikation, 20 mit Vakuum-Pumpe und 59 in der Kontrollgruppe) erfüllten die Einschlusskriterien. In den gepoolten Daten von fünf randomisierten Studien (Kockott 1975; Ansari 1976; Price 1981; Munjack 1984; Kilmann 1987) zeigte sich, dass sich in der Psychotherapie-Gruppe die Anzahl der Patienten mit „persistierender ED“ im Vergleich zur Kontrollgruppe (Patienten auf Warteliste, die keine aktive Intervention erhielten) nach der Behandlung reduzierte (RR 0,40, 95% Konfidenzintervall (CI) 0,17 bis 0,98, N = 100; Number needed to treat (NNT) 1,61, 95% CI 0,97 bis 4,76).

Nach einer Nachbeobachtung von sechs Monaten blieb die Wirkung zugunsten der Psychotherapie-Gruppe erhalten (RR 0,43, 95% CI 0,26 bis 0,72, N = 37; NNT 1,58, 95% CI 1,17 bis 2,43).

Die Ergebnisse von zwei gepoolten randomisierten Studien (Price 1981; Kilmann 1987) verdeutlichten, dass die Teilnahme an einer sexualmedizinischen Gruppenpsychotherapie die Anzahl an persistierender ED nach der Behandlung verringerte (RR 0,13, 95% CI 0,04 bis 0,43, N = 37) und mit einer 95%-Ansprechrate für die Sexualtherapie und 0%-Ansprechrate in der Kontrollgruppe ohne Therapie einhergeht (NNT 1,07, 95% CI 0,86 bis 1,44).

Das Ansprechen auf die Therapie variierte innerhalb der einzelnen Subgruppen, wobei es keinen signifikanten Unterschied bezüglich der Verbesserung der ED hinsichtlich Alter, Beziehungsstatus und Schwere der ED gab. In zwei randomisierten Studien (Melnik 2005; Banner 2000), die den Unterschied zwischen Gruppentherapie und Sildenafil-Citrat im Vergleich zu Sildenafil untersuchten, zeigten dass die Männer, die Psychotherapie und Sildenafil erhielten, eine signifikante Reduktion persistierender ED aufwiesen (RR 0,46, 95% CI 0,24 zu 0,88; NNT 3,57, 95% CI 2 bis 16,7, N = 71) und es mit geringerer Wahrscheinlichkeit zum Therapieabbruch kam (RR 0,29, 95% CI 0,09 bis 0,93).

Eine kleine Studie (Melnik 2005), die Gruppentherapie und Sildenafil-Citrat verglich, fand einen signifikanten Unterschied zugunsten der Psychotherapie, gemessen an der gewichteten Mittelwertdifferenz (WMD) mit Hilfe des „International Index of Erectile Function“ - Fragebogens (WMD -12,40, 95% CI -20,81 bis -3,99, N = 20).

Es zeigte sich kein Unterschied in der Wirksamkeit von Psychotherapie im Vergleich zur Vakuum-Pumpe und lokaler Injektion.

Anmerkungen zur Übersetzung: 

Übersetzt von Désirée Louise Dräger, Universitätsklinikum Rostock, und Stefanie Schmidt, Deutsche Gesellschaft für Urologie

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