Carbamazepin im Vergleich zu Phenobarbital-Monotherapie (Behandlung mit einem einzigen Medikament) bei Epilepsie

Dies ist eine aktualisierte Version des Cochrane-Reviews, der zuvor in Ausgabe 12, 2016 der Cochrane Datenbank für systematische Reviews veröffentlicht wurde.

Hintergrund

Epilepsie ist eine häufige neurologische Erkrankung, bei der es durch abnorme elektrische Entladungen im Gehirn zu wiederkehrenden Krampfanfällen kommt. In diesem Review haben wir zwei Typen von epileptischen Anfällen untersucht: Bei generalisierten Anfällen fangen die elektrischen Entladungen in einer Region des Gehirns an und breiten sich dann im Gehirn aus. Bei fokal einsetzender Epilepsie beginnt der Anfall in einer Region des Gehirns und beschränkt sich auch auf diese Region (die ganze Hirnhemisphäre oder ein Teil eines Hirnlappens). Fokale Anfälle können generalisiert werden (sekundäre Generalisierung) und sich von einem Teil des Gehirns auf das ganze Gehirn ausbreiten. Bei ca. 70% der Menschen mit Epilepsie können generalisierte Anfälle und fokal einsetzende Anfälle mit einem einzigen Medikament kontrolliert werden.

Dieser Review bezieht sich auf Menschen mit fokalen Anfällen (mit oder ohne sekundäre Generalisierung) und Menschen mit generalisierten tonisch-klonischen Anfällen, einem speziellen generalisierten Anfallstyp. Dieser Review gilt nicht für Menschen mit anderen generalisierten Anfallstypen wie Absence-Anfällen oder myoklonischen Anfällen, da die empfohlenen Behandlungen für diese Anfallstypen anders sind.

Weltweit sind Phenobarbital und Carbamazepin häufig verwendete Antiepileptika. In den USA und in Europa wird Carbamazepin aber häufiger verwendet als Phenobarbital, da Sorgen bezüglich Nebenwirkungen bestehen. Besonders Verhaltensänderungen bei Kindern, die mit Phenobarbital behandelt werden, sind hier zu bedenken. In Entwicklungsländern in Afrika, Asien und Südamerika wird Phenobarbital aufgrund der geringen Kosten noch häufig verwendet.

Ziel

Das Ziel dieses Reviews war es, zu vergleichen, wie wirksam diese Medikamente bei der Kontrolle von Anfällen sind, und herauszufinden, ob sie mit Nebenwirkungen verbunden sind, die dazu führen können, dass Personen die Medikation absetzen. Außerdem sollte der Vergleich Informationen zur Entscheidung zwischen diesen beiden Medikamenten liefern.

Methoden

Die letzte Suche nach Studien wurde im Mai 2018 durchgeführt. Wir bewerteten die Evidenz aus 13 klinischen Studien, in denen die Teilnehmer entweder Carbamazepin oder Phenobarbiton erhielten und über ihre Behandlung zufällig entschieden wurde. Wir konnten die Daten von 836 Patienten aus sechs der 13 Studien kombinieren; die Daten der restlichen 619 Patienten aus den anderen sieben Studien waren für diesen Review nicht verfügbar.

Hauptergebnisse

Die Ergebnisse dieses Reviews legen nahe, dass die Teilnehmer früher von der Phenobarbital Behandlung zurücktreten als von der Behandlung mit Carbamazepin. Der Grund dafür können ein Wiederauftreten der Anfälle, Nebenwirkungen des Arzneimittels oder beides sein. Die Ergebnisse deuten auch darauf hin, dass das Wiederauftreten von Anfällen nach Beginn der Behandlung mit Phenobarbital bei Patienten mit fokal beginnenden Anfällen möglicherweise später erfolgt als bei der Behandlung mit Carbamazepin (und daher eine anfallsfreie Periode von 6 Monaten oder 12 Monaten mit Phenobarbital früher eintreten kann als mit Carbamazepin). Dies gilt umgekehrt bei Patienten mit generalisierten Anfällen.

Einige Nebenwirkungen, die von Personen, die Carbamazepin oder Phenobarbital einnahmen berichtet wurden, waren Bauchschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Müdigkeit, motorische Probleme (wie z. B. Koordinationsstörungen), kognitive Probleme (Gedächtnisschwäche), Hautausschläge und andere Hautprobleme. Verhaltensbedingte Nebenwirkungen wie Aggression wurden bei beiden Medikamenten in drei Studien bei Kindern berichtet.

Qualität der Evidenz

Einige der Studien, die Daten zu diesem Review beisteuerten, hatten methodische Probleme, die zu einer Verzerrung und nicht eindeutigen Ergebnissen in diesem Review geführt haben könnten. Bei einigen Personen über 30 Jahren mit neu diagnostizierten generalisierten Anfällen wurde der Anfallstyp möglicherweise falsch diagnostiziert. Diese Probleme können die Ergebnisse dieses Reviews beeinflusst haben und wir stuften die Qualität der Evidenz dieses Reviews als moderat bis niedrig ein. Wir empfehlen nicht, die Ergebnisse dieses Reviews allein für eine Wahl zwischen Carbamazepin oder Phenobarbital zur Behandlung von Epilepsie zu verwenden. Wir empfehlen, dass alle zukünftige Studien die diese beiden Medikamente oder andere Antiepileptika miteinander vergleichen, hochwertige Methoden anwenden, damit auch die Ergebnisse hochwertig sind.

Anmerkungen zur Übersetzung: 

M. Zelck, freigegeben durch Cochrane Deutschland.

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