Konservative Behandlung von durch Prostatektomie bedingte Harninkontinenz

Schlussfolgerungen der Autoren: 

Der Nutzen unterschiedlicher konservativer Behandlungsmethoden bei Patienten mit Harninkontinenz nach radikaler Prostatektomie bleibt unsicher. Die Evidenz ist widersprüchlich. Daher sind angemessen gepowerte, randomisierte, kontrollierte Studien mit strikter Methodik, welche die Kriterien des CONSORT Statements erfüllen, weiterhin notwendig, um eine endgültige Antwort auf diese Fragestellung zu erhalten. Diese Studien sollten so konzipiert sein, dass sie spezifische gut formulierte Fragestellungen beantworten können und sollten Endpunkte beinhalten, die aus der Sicht des Patienten zur Entscheidungsfindung der Behandlung und für den behandelnden Arzt wichtig sind, einschließen. Langanhaltende Inkontinenz könnte durch extern anwendbare Penisklemmen behandelt werden; hierzu gibt es aber Probleme bezüglich der Sicherheit.

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Hintergrund: 

Harninkontinenz tritt häufig nach radikaler Prostatektomie auf und kann unter Umständen auch nach transurethraler Resektion der Prostata (TURP) auftreten. Konservative Behandlungsmethoden beinhalten Beckenbodentraining mit oder ohne Biofeedback, Elektrostimulation, Magnetfeldtherapie, penile Kompressionsinstrumente (z.B. Penisklemme), Lebensstiländerungen oder eine Kombination unterschiedlicher Therapiestrategien.

Zielsetzungen: 

Ziel des systematischen Reviews ist es, die Wirksamkeit der konservativen Behandlungsmethoden für Harninkontinenz bis zu 12 Monate nach transurethraler Prostataresektion oder suprapubischer, laparoskopischer, radikaler retropubischer oder perinealer Prostatektomie zu untersuchen. Die Behandlung mit einzelnen konservativen Methoden als auch deren Kombinationen wurden berücksichtigt.

Suchstrategie: 

In folgenden Datenbanken wurde nach Studien recherchiert: das Spezialregister der Cochrane Incontinence Group (Suchdatum: 5. Februar 2014), CENTRAL (2014, Ausgabe 1), EMBASE (Januar 2010 bis zu Woche 3 des Jahres 2014), CINAHL (Januar 1982 bis 18. Januar 2014), ClinicalTrials.gov und die International Clinical Trials Registry Platform (ICTRP) der World Health Organization (WHO) (beide durchsucht am 29. Januar 2014) sowie die Referenzlisten relevanter Publikationen.

Auswahlkriterien: 

Eingeschlossen wurden randomisierte oder quasi-randomisierte kontrollierte Studien, welche konservative Behandlungsmethoden bei Männern mit Harninkontinenz nach Prostatektomie beurteilten.

Datensammlung und ‐analyse: 

Zwei oder mehr Review-Autoren bewerteten die methodische Qualität der Studien und extrahierten die Daten. Studienautoren wurden kontaktiert, um zusätzliche Informationen zu erhalten.

Hauptergebnisse: 

50 Studien erfüllten die Einschlusskriterien. Darunter waren 45 Studien, die Patienten nach radikaler Prostatektomie, 4 Studien, die Patienten nach TURP und eine Studie, die Patienten nach einer der beiden Operationen einschlossen. Insgesamt wurden 4.717 Männer eingeschlossen. Bei 2736 dieser Patienten wurde aktiv eine konservative Behandlungsmethode durchgeführt. Es zeigten sich beträchtliche Unterschiede in den durchgeführten Interventionen, den Patienten sowie bei der Messung der Endpunkte. Für viele der vordefinierten Endpunkte waren keine Daten verfügbar. Die Beschwerden der Patienten verbesserten sich über die Untersuchungszeiträume unabhängig von der Behandlung.

Allerdings gab es aus acht Studien keine Evidenz, dass Beckenbodentraining mit oder ohne Biofeedback besser als die Kontrollgruppe bei Männern mit Harninkontinenz 12 Monate nach radikaler Prostatektomie war (z.B. fortbestehende Harninkontinenz bei 57 % in der Behandlungsgruppe vs. 52 % in der Kontrollgruppe; relatives Risiko (RR) für Harninkontinenz nach 12 Monaten von 0,85 mit einem 95 %-Konfidenzintervall (KI) 0,60 bis 1,22). Die Qualität der Evidenz wurde als moderat eingeschätzt. Die Ergebnisse einer großen, multizentrischen Studie mit Einzeltherapie zeigte keinen Unterschied bezüglich urologischer Endpunkte oder der Lebensqualität und hatten enge Konfidenzintervalle. Weiterhin erscheint es unwahrscheinlich, dass Männer mit Harninkontinenz nach TUR-P von einem Beckenbodentraining als Einzeltherapie profitieren. Daten einzelner kleinerer Studien legen nahe, dass Elektrostimulation, Magnetfeldtherapie oder eine Kombination von Behandlungsverfahren einen Nutzen aufweisen könnten, jedoch ist die Evidenz hierzu begrenzt.

Bei den Studien zu konservativer Behandlung, die sowohl die Behandlung als auch die Prävention der Harninkontinenz nach radikaler Prostatektomie untersuchten, gab es Evidenz moderater Qualität für einen Nutzen das Beckenbodentrainings gegenüber der Kontrollgruppe bezüglich der Verringerung der Harninkontinenz (z.B. 10 % Harninkontinenz bei Patienten in den Behandlungsgruppen versus 32% in den Kontrollgruppen nach einem Jahr; RR 0.32 (95 %-KI 0,20 bis 0,51). Allerdings wurde dieses Ergebnis nicht durch andere Daten mit Pad-Test unterstützt. Diese Ergebnisse sollten aufgrund des Risikos für Bias und der damit verbundenen Limitationen mit Vorsicht betrachtet werden.

Eine Studie zeigte, dass Männer, mit einer Art der äußerlich anwendbaren Kompressionsinstrumente, die den geringsten Urinverlust aufwies zufriedener waren, als Patienten mit zwei anderen Arten oder keiner Behandlung. Die Wirkung anderer konservativer Methoden, wie Veränderungen des Lebensstils, ist ungewiss, da hierzu keine Studien identifiziert werden konnte.

Anmerkungen zur Übersetzung: 

S. Schmidt, freigegeben durch Cochrane Deutschland.

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