Review-Frage
Wir wollten die Frage beantworten, ob azelluläre Pertussis-Impfstoffe Kinder ebenso wirksam gegen Keuchhusten (Pertussis) schützen wie Ganzzell-Impfstoffe, jedoch mit weniger Nebenwirkungen.
Hintergrund
Keuchhusten kann eine ernsthafte Infektion der Atemwege bei Kindern darstellen und wird von dem Bakterium Bordetella pertussis (B. pertussis) ausgelöst. Impfstoffe aus abgetöteten B. pertussis-Bakterien, bekannt als Pertussis-Ganzzell-Impfstoffe, können schwere neurologische Störungen sowie geringfügigere Nebenwirkungen verursachen, wie Appetitlosigkeit, Schläfrigkeit, Fieber, Reizbarkeit, anhaltendes Schreien, Erbrechen sowie Schmerzen/Rötung/Schwellung/Verhärtung an der Einstichstelle. Das führte zu rückläufigen Impfraten, wodurch wieder vermehrt Fälle von Keuchhusten auftraten. So wurden azelluläre Impfstoffe (die gereinigte Antigene von B. pertussisenthalten) entwickelt, in der Hoffnung, dass sie ebenso wirksam, aber sicherer als die Ganzzell-Impfstoffe sind.
Suchzeitraum
Wir suchten nach Studien, die bis Januar 2014 veröffentlicht worden sind.
Studienmerkmale
Wir betrachteten Studien, in denen die Wirksamkeit und Sicherheit von Ganzzell- und azellulären Pertussis-Impfstoffen bei Kindern im Alter von bis zu sechs Jahren verglichen wurden.
Hauptergebnisse
Dieser aktualisierte Review umfasste sechs Studien mit 46 283 Teilnehmern, in denen die Wirksamkeit bewertet wurde, und 52 Studien mit 136 541 Teilnehmern, in denen die Sicherheit von Impfstoffen gegen Keuchhusten untersucht wurde.Die Dauer der Studien reichte von 12 bis 27 Monate bei den Wirksamkeitsstudien und von 3 Tagen bis 12 Monate bei den Sicherheitsstudien. Die Wirksamkeit von azellulären Impfstoffen mit drei oder mehr Komponenten lag bei 84% bis 85% gegen den typischen Keuchhusten (definiert durch 21 oder mehr aufeinanderfolgende Tage mit schweren Hustenanfällen und dem Nachweis von B. pertussis im Labor oder Kontakt mit einem Mitglied des Haushalts, das nachweislich mit Keuchhustenerregern angesteckt war). Bei leichter Keuchhustenerkrankung betrug sie 71% bis 78% (definiert als mit mindestens sieben aufeinanderfolgenden Tagen mit Husten und Labor-Nachweis von B. pertussis). Demgegenüber lag die Wirksamkeit von Impfstoffen mit einer bis zwei Komponenten zwischen 59% und 78% gegen typischen Keuchhusten und bei 41% bis 58% gegen eine leichte Keuchhustenerkrankung. Die meisten körperlichen und lokalen Nebenwirkungen traten bei den ersten Dosen und der Auffrischimfung signifikant seltener beim azellulären Impfstoff auf als beim Ganzzell-Impfstoff. Unsere Untersuchung ergab, dass azelluläre Impfstoffe gegen Keuchhusten mit drei oder mehr Komponenten wirksamer sind als die Ganzzell-Impfstoffe mit einer Wirksamkeit im unteren Wirksamkeitsspektrum, ihre Wirksamkeit jedoch unter derjenigen der Ganzzell-Impfstoffe mit der höchsten Wirksamkeit liegen kann. Azelluläre Impfstoffe haben weniger Nebenwirkungen als Ganzzell-Impfstoffe.
Bedeutung für die Praxis
Die Bedeutung der Ergebnisse dieser Übersichtsarbeit für die ärztliche Praxis kann in einkommensstarken und einkommensschwachen Ländern unterschiedlich sein. In einkommensstarken Ländern sind Todesfälle aufgrund von Keuchhusten selten und die Akzeptanz der Eltern ist der bestimmende Faktor für die Verabreichung von Impfungen. Unter diesen Umständen spricht das verbesserte Profil der Nebenwirkungen für die azellulären Impfstoffe, auch wenn sie zu einem gewissen Grad nicht genauso wirksam sind wie die besten Ganzzell-Impfstoffe. In einkommensschwachen Ländern, in denen das Risiko für Keuchhusten höher liegt und ein tödlicher Ausgang wahrscheinlicher ist, muss der Wirksamkeit der Impfung ein höheres Gewicht beigemessen werden. Ist ein azellulärer Impfstoff erwiesenermaßen weniger wirksam als ein hochwirksamer Ganzzell-Impfstoff, den er ersetzen soll, wird der Sicherheitvorteil des azellulären Impfstoffs vielleicht durch eine erhöhte Sterblichkeit und Erkrankungsrate aufgehoben aufgrund eines höheren Anteils von Keuchhustenerkrankungen. Die Wirksamkeit der meisten Ganzzell-Impfstoffe, die in einkommensschwachen Ländern zum Einsatz kommen, wurde jedoch nicht in angemessener Weise untersucht. Daher wissen wir nicht, wo die einzelnen Produkte im breiten Wirksamkeitsspektrum der Ganzzell-Impfstoffe anzusiedeln sind.
Qualität der Evidenz
Bei allen untersuchten Studien handelte es sich um randomisierte Doppelblindstudien. Das heisst, die Teilnehmenden hatten dieselbe Chance, entweder einen azellulären oder einen Ganzzell-Impfstoff zu erhalten. Weder die Forscher noch die Teilnehmenden wussten, wer welches Mittel bekam. Die meisten Studien enthielten jedoch keine detaillierten Angaben zur Methodik. Das kann eine gewisse Unsicherheit hinsichtlich der Qualität der Evidenz in diesem Review verursachen.
Koordination durch Cochrane Schweiz